Im Vordergrund standen zunächst Fragen zur bayerischen Landeskammer. Rudi Merod berichtete, dass die DGVT mehrere Anfragen an die Landeskammer gestellt habe, die sich vor allem um den Bereich der Zulassungspraxis einzelner KV Bezirke im Kinder- und Jugendlichenpsychotherapiebereich drehten. Die Kammer ist daraufhin mit mehreren Anfragen an die KV tätig geworden, um sich einen Überblick über die Spruchpraxis sowie die Hintergründe eben dieser Spruchpraxis zu informieren.
Hierdurch erhofft sich die Landesgruppe neben einer allgemeinen Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen auch eine sachgerechtere Zulassungspraxis von verhaltenstherapeutischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und schließlich auch eine Unterstützung im Prozess einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, die in München deshalb nicht zugelassen wurde, weil sie keine Tiefenpsychologin ist und der Zulassungsausschuss tiefenpsychologische Praxen nur mit Tiefenpsychologen neu besetzt. Das kommt gerade im KiJu Bereich der Stadt München quasi einem Berufsverbot für verhaltenstherapeutische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nahe, da es ca. 140 tiefenpsychologische Praxen gibt, aber nur 7 VT-Praxen.
Ein weiterer Anfrage der Landesgruppe bei der Kammer beschäftigt sich damit, dass einige Kinder- und Jugendlichenpsychiatrien keine Sozialpädagogen, die in Ausbildung sind, als Ausbildungspraktikanten aufnehme wollen. Damit unterlaufen sie ein bestehendes Gesetz und verschlechtern weiterhin die psychotherapeutische Betreuung von Kinder- und Jugendlichen. Auch hier hat der Kammervorstand eine Anfrage an das zuständige Ministerium gestartet, um dieses auf diesen unhaltbaren Zustand hinzuweisen und es als Aufsichtsbehörde aufzufordern, dort zu intervenieren.
Ein dritter Punkt beschäftigte sich mit dem Antrag, den Rudi Merod und Heiner Vogel bei der letzten Delegiertenversammlung der Kammer gestellt habe. In diesem Antrag ging es darum, die vorgesehenparallel dazu beantragte Neufassung der Entschädigungsordnung und insbesondere die Entschädigungen für ehrenamtlich tätige Vorstands- und Ausschussmitglieder zu vermindern auf ein Niveau, das in anderen Bundesländern üblich ist. Wie nicht anders zu erwarten wurde unser Antrag nach einer heftigen Diskussion abgelehnt, aber er erhielt immerhin mehr Zustimmung als wir im Vorfeld erwartet hatten.
Es folgte ein Bericht über die Gründung der Bundespsychotherapeutenkammer, die insgesamt begrüßt wurde, da alle anwesenden die Hoffnung hegten, dass damit die PsychotherapeutInnen endlich mit einer Stimme nach außen auftreten könnten. Besorgnis wurde aber geäußert darüber, dass es in vielen Landeskammern und auch in der Bundeskammer im Vorstand ein deutliches Übergewicht der Vereinigung und des DPTV gebe und dass zu befürchte steht, dass durch diese Koalition nur einseitige Interessen und zwar die der Niedergelassenen vertreten werden. Dabei stellen die Angestellten ca. 50% der Kammermitglieder dar. Hier gilt es zu verhindern, dass die Kammer eine reine Lobby der Niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wird und dass die in den verschiedensten anderen Bereichen arbeitenden KollegInnen sich auch vertreten erleben, damit sie sich nicht von der Kammerarbeit noch weiter abwenden.
In diesem Zusammenhang wurde auch über die verschiedenen Ausschüsse der Landeskammern diskutiert. Rudi Merod plädierte dafür, nur die Aufgaben auf Landesebene zu behandeln, die auch tatsächlich Landesaufgabe seine. Er befürchtet, dass jede Landeskammer z.B. eigene Fort- und Weiterbildungsrichtlinien erstellen, die dann nur zum Teil kompatibel sind. Hier sollte von Bundesebene eine Konzeption erstellt werden, die dann auch in den Ländern übernommen werden könnten. Sein Appel war "Keine neuen Fürstentümer und Kleinstaaterei". In diesem Zusammenhang wurde auch über die Idee von Punktesystemen für die Fort- und Weiterbildung gesprochen. Auch hier muss es Bundeseinheitliche Systeme geben, damit z.B. Veranstaltungen wie der DGVT-Kongress oder die Workshop-Tagung nicht in allen Bundesländern angemeldet werden müssen und dann ggf. auch mit unterschiedlichen Punkten bewertet werden.
Ein weiterer wichtiger Tagesordnungspunkt war generell die Ausbildung. Hier berichtete Rudi Merod über das Expertenhearing zur Problemfeldern der PT-Ausbildung in Berlin (vgl. den Bericht in VPP 3/03, S. 660-662, und die Tagungsdokumentation im DGVT-Verlag) und das geplante Hearing beim nächsten Kongress. Hauptthema der Diskussion war generell die Situation der AusbildungsteilnehmerInnen sowie deren zukünftigen Berufschancen. Rudi berichtete, dass das Durchschnittsalter der niedergelassenen TherapeutInnen sehr hoch ist und dass in den nächsten Jahren ungefähr so viele TherapeutInnen aus dem Berufsleben ausscheiden werden, wie neue ausgebildet werden können. Im ärztlichen Bereich ist zur Zeit zu beobachten, das die "Psychofächer" also Facharzt für Psychosomatik und Facharzt für Psychiatrie große Nachwuchsprobleme haben, so dass sich hier für PP/KJP zwar einerseits Möglichkeiten der Tätigkeit eröffnen, dass sich damit aber andererseits die Gesamtzahl der BehandlerInnen verringern wird. Dies ist besonders bedenklich, weil sich die Zahl der behandlungsbedüftig psychisch Kranken in den letzten Jahren erhöht hat und es keinen Hinweis dafür gibt, dass dieser Trend sich umkehren könnte. Dadurch wird der Versorgungsengpass, der heute bereits besteht noch erhöht.
Zum Ende hin wurden Thermen wie: Versorgungswerk, Einzelverträge mit den Krankenkassen und GMG andiskutiert, aber aus Zeitmangel nicht mehr vertieft. Diese werden sicherlich als Dauerbrenner bei der nächsten MV wieder auf der Tagesordnung stehen.
Die zweite Delegiertenversammlung der Kammer am 18. September im Europäischen Patentamt in München war für den neuen Kammervorstand eine erste Bewährungsprobe. Ein knappes halbes Jahr nach seiner Wahl musste der siebenköpfige Vorstand Rechenschaft über die geleistete Arbeit bei der Konsolidierung und Etablierung der Kammer abgeben und Perspektiven für die weiteren Jahre aufzeigen. Der Vorstandsbericht von Präsident Dr. Nikolaus Melcop zeigte, dass die zurückliegenden Monate intensiv genutzt wurden, um wesentliche Voraussetzungen für die weitere Arbeit der Kammer zu schaffen. Beispielsweise wurde ein Geschäftsführer eingestellt und eine neue Geschäftsstelle angemietet. In der politischen Vertretung neue Kontakte zu Ärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung und Politik hingewiesen werden sowie auf die Beteiligung an gesundheitspolitischen Diskussionen. Immer wieder muss die Kammer sich bemühen, gehört zu werden, aber wenn dies erst einmal geschehen ist, so kann man die Darstellung von Melcop zusammenfassen, dann wird die Position und Meinung der Kammer auch wertgeschätzt.
Weitere wichtige Themen der Kammerverdelegiertenversammlung waren die Verabschiedung einer neuen Beitragsordnung (die bisherige war befristet bis Ende 2003), die im Durchschnitt zu ähnlichen Beitragshöhen für die Mitglieder führen sollte, wie die bisherige vorläufige, aber entsprechend einer älteren DGVT-Forderung auch eine stärkere Differenzierung der Beitragshöhen, u.a. auch für Niedergelassene und Angestellte zulässt (näheres siehe Psychotherapeutenjournal 4/03 und Kammerhomepage: www.psychotherapeutenkammer-bayern.de ). Intensiv wurde die neue Reisekosten- und Entschädigungsordnung diskutiert (s.o.), letztlich aber doch mit geringen Änderungen verabschiedet. Formal von besonderer Bedeutung war schließlich noch die Beratung und Verabschiedung der Haushaltspläne für 2003 und 2004, politisch wichtig war sodann die Besetzung der Ausschüsse. Hier dürften für die Zukunft wichtige Initiativen zu erwarten sein, sobald die Ausschussarbeit stärker beginnt. Insgesamt, so die Einschätzung der meisten Beteiligten, haben Vorstand und Delegierte mit dieser Versammlung und ihren Ergebnissen (trotz einiger Kontroversen) gezeigt, dass die Entwicklung der Kammer auf einem guten Weg ist.