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Bericht der Landesgruppe Hessen ('Rosa Beilage' zur VPP 1/2006)

Von: Wilfried Schaeben, Anke Teschner

Vom 4.-5.11.05 fand in Frankfurt a. M. die 12. Delegiertenversammlung der Hessischen Psychotherapeutenkammer statt, von deren Beschlussthemen wir an dieser Stelle zwei aufgreifen möchten.


Vereinfachung und Liberalisierung der Fortbildungsordnung

Die gute Nachricht vorweg: Die einstimmig verabschiedeten Änderungen zur FBO dienen der Stärkung von Eigenverantwortung und der Vereinfachung sowie Transparenz. So wurde u.a. beschlossen, die bisher nur begrenzte Anrechnungsfähigkeit von Fortbildungseinheiten (FE) in den Bereichen Supervision, Intervision und Selbsterfahrung aufzuheben und für eine Übergangsfrist von 5 Jahren auch Fortbildungsmaßnahmen aus 2002 f. anzuerkennen, sofern diese von einer Ärztekammer oder KV akkreditiert waren.

Unangemessen geringe Beitragssenkungen ohne Willen zum Kurswechsel

Nun zur schlechten Nachricht: Die verabschiedete neue Beitragsordnung sieht oberhalb eines Mindestbeitrages von 40 EUR lediglich eine Beitragsabsenkung um 20 EUR, eine Absenkung des Höchstbeitrages von 700 auf 680 EUR und die Freistellung der freiwilligen Mitglieder mit PiA-Status vor. Wir halten diese Beitragssenkung für völlig unzureichend und kritisieren vehement die gleichzeitig gro�?zügige Bereitstellung von Reserven und Projektposten, die nicht zu den gesetzlich definierten Kernaufgaben der Kammer gehören.
Um hier einen deutlichen Kurswechsel einzuleiten, brachte unsere Delegiertengruppe den Antrag ein, alle Beitragsstufen linear um 10 % zu senken und zur Finanzierung dieser Beitragssenkung einen Teil der in 2005 gebildeten Rücklage zu verwenden. Wir verwiesen darauf, dass sich unsere Kammer derzeit den Luxus einer Finanzrücklage leistet, die rund 250.000 EUR über dem Betrag liegt, der gesetzlich vorgeschrieben ist und uns von Experten der Aufsichtsbehörde empfohlen wird.
Unser Antrag wurde mit der Mehrheit der Delegierten aus "Kleeblatt"-Gruppe und Psychodynamischen Listen mit 19 Nein-Stimmen abgelehnt, 2 Delegierte enthielten sich und 9 Delegierte stimmten für unseren Antrag. Dass die stattdessen beschlossene und enttäuschend niedrige Beitragssenkung nicht durch finanzielle Argumente, sondern durch ein unseres Erachtens fehlgeleitetes Kammerverständnis begründet ist, wird daran deutlich, dass im Haushaltsentwurf 2006 Mittel für offene oder unpräzise definierte Projekte eingestellt sind, deren Gesamtsumme etwa derjenigen entspricht, die unser Antrag an Mindereinnahmen zur Folge gehabt hätte; Projektmittel, die nun je nach politischem Interesse der Mehrheit der Delegiertenversammlung verwendet werden können. Zu den Möglichkeiten und Chancen eines Kurswechsels siehe auch unten (3).

(2)  Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH)

Honorarbescheide 2004 f.: Widersprüche und Klageweg

Den in den letzten Monaten von vielen KollegInnen geäußerten Vorwurf eines organisatorischen "Abrechnungschaos" in der KVH können auch wir leider nicht dementieren. Wir empfehlen allen KollegInnen, sich im Falle verspäteter oder unvollständiger Abschlags- / Honorarzahlungen direkt mit der KV in Verbindung zu setzen. Auch zur Dauerthematik der ungeklärten Honorarnachzahlungen stellen wir zu unserem Erstaunen fest, dass viele KollegInnen auf eine Klageerhebung und damit auf ihre Ansprüche verzichten. Demgegenüber rät die Landesgruppe Hessen ausnahmslos allen KV-niedergelassenen Mitgliedern, auch weiterhin gegen jeden ablehnenden Widerspruchsbescheid binnen 4 Wochen nach Zustellung Klage beim zuständigen Sozialgericht Marburg einzureichen und uns hierüber zu informieren.
Wir sehen unsere Einschätzung einer hohen Erfolgsaussicht von Klagen beim Sozialgericht Marburg bestätigt durch die Analysen des Beratenden Fachausschusses Psychotherapie, der nach einer zwischenzeitlich durchgeführten ersten Prüfung zu dem Schluss kommt, dass das ihm bisher vorgelegte Zahlenmaterial nicht ausreicht, eine abschließende Beurteilung der Berechnungsgrundlagen und Berechnungswege zur Ermittlung der neuen Mindestpunktwerte für zeitbezogene genehmigungspflichtige Psychotherapieleistungen vorzunehmen, und dass stattdessen erhebliche Zweifel an der angemessenen Umsetzung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses bestehen.

Qualitätsmanagement in der vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen Versorgung

Die am 18.10.05 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verabschiedete Qualitätsmanagement-Richtlinie zur vertragsärztlichen Versorgung wurde schon in der letzten Ausgabe kurz vorgestellt. Viele KollegInnen sind verunsichert, was nun zu tun ist. Hierzu einige Worte:
Wir sehen keinen dringenden Handlungsbedarf und raten zur Besonnenheit. Die Einführung des QM soll in drei Phasen ablaufen, wobei allein für die Planungsphase, in der die anfallenden Praxisprozesse erstmals in einem Handbuch erfasst werden sollen, schon zwei Jahre veranschlagt werden. Auch besteht weder eine Verpflichtung, an QM-Kursen teilzunehmen, sondern lediglich eine Empfehlung, noch besteht eine Zertifizierungspflicht.
Die meisten bisher angebotenen QM-Systeme sind für große ärztliche Praxen konzipiert; angekündigt sind modifizierte Systeme für Psychotherapeuten. Die KollegInnen werden dann die Qual der Wahl haben, welches Qualitätsmanagementsystem zur eigenen Praxis am besten passt, sowie ob, und ggf. welches Zertifikat sie erwerben möchten. Sobald es hier Neuigkeiten gibt, werden wir informieren.

(3) Landesgruppe

Landesgruppentreffen

Unser Landesgruppentreffen am 11.11.05 in Ffm wurde diesmal eröffnet mit einem ausgezeichneten Gastvortrag von Thomas Heidenreich zum Thema "Neue Wege der Rückfallprophylaxe: Achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie der Depression". Die anschließende Diskussion verlief wie der ganze Abend in einer sehr angenehmen und anregenden Atmosphäre. Im Berichtsteil zur Kammerarbeit nahmen Diskussionsbeiträge und Fragen zu den Neufassungen von Fortbildungs- und Beitragsordnung den größten Raum ein. Bei der abschließenden Wahl der Landessprecher wurden in ihren Funktionen bestätigt: 1. Wilfried Schaeben, 2. Anke Teschner und 3. Ingo Freienstein. In das erweiterte Landessprecherteam, das nun aus 10 Personen besteht, wurden neu gewählt: Nicola Kleine, PP aus Frankfurt, und Cornelia Pickl, PP aus Griesheim.

Kammerwahlen im Mai 2006: Gründung einer gemeinsamen Verhaltenstherapie-Liste

Am 17.11.2005 gründeten Vertreter unserer DGVT-Landesgruppe, des DVT (Dt. Fachverband für Verhaltenstherapie) und der klinisch-psychologischen Fachbereiche aller hessischen Hochschulen eine gemeinsame Wahlliste:

VT-AS. Verhaltenstherapie Liste: Angestellte - Selbständige

Mitte Januar wendeten wir uns erstmals mit einem Rundschreiben an die verhaltenstherapeutisch tätige Kollegenschaft. Auf zwei der dort genannten Stichworte möchten wir hier noch kurz eingehen.

Beitragssenkung als Chance zum Kurswechsel

Wie oben im Kontext von Beitragssenkung und Haushaltsplanung erwähnt, streben wir eine Wiederbesinnung und Rückführung der Kammeraktivitäten auf ihre gesetzlich definierten Kernaufgaben an. Gleichzeitig sind wir überzeugt, effektiver und politisch nachhaltiger tätig sein zu können, wenn wir unsere Aktivitäten stärker mit denen der anderen Länder und der Bundeskammer koordinieren, und zwar gerade bei den Themen, die über die gesetzlich definierten Kernaufgaben hinaus gehen. So halten wir auch eine deutlich intensivere Kooperation mit den Vorständen anderer Landeskammern zur Koordination von Projektschwerpunkten für möglich. Hessen muss nicht jedes Rad noch einmal neu erfinden. Einige besonders kostspielige hessische Erfindungen wie z.B. den Luxus eines überdimensionierten Vorstandes werden wir nicht mehr mittragen.
Eine deutlichere Absenkung der Beiträge würde dann endlich auch mehr Fairness und Beitragsgerechtigkeit für die angestellten KollegInnen bedeuten, denn gerade für diesen fast die Hälfte aller Kammermitglieder umfassenden Teil der Kollegenschaft gilt auch vier Jahre nach Kammergründung: nur eine schlanke Kammer ist eine gute Kammer.

Unser Unterstützerkreis

Die vier Initiatoren der Verhaltenstherapie Liste stehen auch für das breite Mitgliederspektrum, das wir im VT-Bereich gemeinsam vertreten: Angestellte KollegInnen, ob an Ausbildungs- und Hochschulinstituten oder in Psychiatrischen Einrichtungen, Psychosomatischen oder Reha-Kliniken tätig, und Selbständige, niedergelassen in freier Praxis. In der Reihenfolge ihres Listenplatzes sind dies: 1. Wilfried Schaeben, KV-Praxis, Darmstadt; 2. Christian Alte, VT-Ausbildungsinstitut GAP, Ffm; 3. Dr. Renate Frank, Universität und Ausbildungsambulanz, Gießen, 4. Prof. Dr. Fritz Mattejat, Kinder- u. Jugendpsychiatrische Univ.Klinik und Poliklinik, Marburg. Entsprechend vielfältig und breit gefächert ist auch der weitere Kreis unserer Kandidaten und Unterstützer. Besonders freut uns die spontane Bereitschaft vieler angestellter und selbständiger KollegInnen, die sich sonst nicht berufspolitisch engagieren, sich im Interesse der VT für unsere gemeinsame Liste einzusetzen.


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