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Bericht der Landesgruppe Schleswig-Holstein ('Rosa Beilage' zur VPP 2/2004)

390 PKSH-Mitglieder fordern eine 'Psychotherapeutenkammer Nord' - Wie geht der Kammervorstand damit weiter um?


Jawohl, 390 Mitglieder der Psychotherapeutenkammer Schleswig-Holstein (pksh), das sind über 40% aller Kammermitglieder, haben im Rahmen der von der DGVT durchgeführten Postkartenaktion den Vorstand ihrer Kammer aufgefordert, einen Zusammenschluss ihrer Kammer mit den übrigen nördlichen Kammern zu einer "Psychotherapeutenkammer Nord" zu betreiben. Mit einem derart großen Rücklauf hatte in der Landesgruppe im Herbst letzten Jahres, als die Idee zu der Aktion im Rahmen eines Landesgruppentreffens geboren wurde, keiner gerechnet, zumal kein Verzeichnis aller Kammermitglieder zur Verfügung stand und entsprechend leider längst nicht alle KollegInnen erreicht werden konnten. Im Vorfeld dieser Aktion war aus Sicht der Landesgruppe wiederholt deutlich geworden, dass der Kammervorstand und die diesen stützende Mehrheit in der Kammerversammlung einen Zusammenschluss nicht unterstützen würde. Das Ergebnis dieser Aktion macht nun aber eindrucksvoll deutlich, dass die gewählten "Funktionäre" hier nicht den Willen der "Basis" vertreten. Man darf nun gespannt sein, wie der Vorstand mit dem aktiv artikulierten Willen der 390 Mitglieder weiter umgehen wird.

In einer ersten gemeinsamen Stellungnahme der Vorstände der vier selbstständigen Nordkammern zu der Aktion haben diese sich noch ablehnend geäußert. Darin hoben sie hervor, dass sie schon jetzt, um Synergieeffekte zu nutzen, eine enge Zusammenarbeit insbesondere in berufsrechtlichen Fragen (Berufsordnung etc.), Fortbildungsfragen (gemeinsame Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen und gemeinsame Fortbildungszertifizierung), Fragen bezüglich der Schaffung gemeinsamer Versorgungswerke und der Entwicklung von Internet-Suchdiensten anstrebten. Sogar die Geschäftsführungen der 4 Kammern arbeiteten schon jetzt eng zusammen. Doch wenn von den Vorständen jetzt schon in den zentralen Aufgabenfeldern der Kammern eine so enge Zusammenarbeit praktiziert bzw. angestrebt wird, was veranlasst die Vorstände dann noch, an ihrer Ablehnung eines Nordkammer-Zusammenschlusses festzuhalten? Wieso sollen dann weiter in jedem der vier Nordländer Vorstände, Delegiertenversammlungen, alle Ausschüsse, Geschäftsstellen mit je einem Geschäftsführer und weiterem Personal usw. unterhalten werden? Dies wäre doch hochgradig unwirtschaftlich und verursachte unnötig hohe Kammerbeiträge bei gleichzeitig vielfach beklagten bescheidenen Einkommensverhältnissen nicht nur für die freiberuflich tätigen Kollegen!!! (s. hierzu die Begründung des Antrages für die nächste Kammerversammlung zum Thema "Zusammenschluss der Nordkammern" im Anschluss an diesen Beitrag)

Wie angekündigt, sollten die 390 Postkarten mit den Mitgliedervoten für die Schaffung einer gemeinsamen Nordkammer auf der nächsten Kammerversammlung, die am 23.4.2004 stattfand, überreicht werden. Der Antrag, die Diskussion und Beschlussfassung darüber auf die Tagesordnung aufzunehmen, war, obwohl fristgerecht eingereicht, erst auf wiederholte Nachfrage vom Vorstand nachträglich ganz am Ende der Tagesordnung eingefügt worden. Ein Antrag von Detlef Deutschmann zu Beginn der Kammerversammlung, diesen Tagesordnungspunkt vorzuziehen, da er sonst möglicherweise nicht mehr abgearbeitet werden könnte und auf die regulär erst für Oktober geplante nächste Kammerversammlung vertagt werden müsste, wurde mit der schon aus den ersten Kammerversammlungen bekannten Mehrheit von 13 Stimmen aus dem Wahlbündnis Psychotherapie (Vereinigung und DPTV) abgelehnt. Und es trat ein, was zu befürchten war: Der Tagesordnungspunkt Zusammenschluss der Nordkammern wurde vertagt auf die nächste Kammerversammlung. Im Vorfeld dieser Kammerversammlung soll der Vorstand nochmals explizit aufgefordert werden, dafür Sorge zu tragen, dass dieses Thema nicht noch ein zweites Mal vertagt werden muss! Im Anschluss an diesen Bericht finden sie den erwähnten Antrag einschließlich zusammengefasster Begründung, wie Detlef Deutschmann ihn auf der nächsten Kammerversammlung, die nun doch schon am 28. Mai 2004 ab 14.00 Uhr in der Geschäftsstelle der pksh stattfinden wird, einbringen will.

Was gab es noch auf der 3. Kammerversammlung am 23. April 2004?

Eine aus Sicht der Landesgruppe problematische Beschlussfassung zum Protokoll der 2. Kammerversammlung. Das vorgelegte Protokoll war inhaltlich problematisch. So waren z. B. einige Beschlussanträge inhaltlich unvollständig wiedergegeben, Kandidaturen für Ausschüsse und Abstimmungsergebnisse waren z. T. nicht eindeutig mit aufgenommen sowie jegliche Kritik an der zu verabschiedenden Entschädigungsordnung überhaupt nicht widergegeben. Im Anhang fehlten die beschlossene Beitragssatzung, Entschädigungs- u. Reisekostenordnung und der beschlossene Haushaltsplan, um nur die wichtigsten Dinge zu nennen. Zu all diesen Punkten war von D. Deutschmann fristgerecht ein Widerspruch gegen das Protokoll eingelegt und ein überarbeitetes Protokoll im Januar an alle Kammerversammlungsmitglieder verschickt worden. Obwohl mehrere Kammerversammlungsmitglieder darauf hinwiesen, dass erst dieses überarbeitete Protokoll den Sitzungsverlauf deutlich mache, ließ der Vorstand ohne inhaltliche Prüfung über das Protokoll abstimmen, das dann auch mit 12 Stimmen aus dem Lager des ehemaligen Wahlbündnisses Psychotherapie ohne Änderungen angenommen wurde.

Es folgte der Bericht des Vorstandes mit anschließender Aussprache. In der Diskussion wurde u.a. mehr Transparenz der Vorstandsarbeit gegenüber den Kammerversammlungsmitgliedern angemahnt. Nach Vorstellung der Jahresrechnung 2003 wurde der Vorstand mehrheitlich entlastet. Der Rechnungsprüfungsausschuss berichtete, keinerlei Beanstandungen gefunden zu haben. Inhaltlich wurde deutlich, dass eine klare Haushalts-/Rechnungsabgrenzung im Rahmen der Einnahmeüberschussrechung nicht vorgesehen ist, dennoch konnten Vorstand und Geschäftsführer aufgrund überschlägiger Schätzungen glaubhaft machen, dass der Haushaltsansatz für 2004 weiterhin realistisch erscheint.

Dann begann eine ca. 4-stündige Diskussion ohne abschließendes Ergebnis zur vom zuständigen Ausschuss entworfenen Fortbildungsordnung. Deutlich wurde in der Diskussion, dass für in der vertragsärztlichen Versorgung tätige Kollegen neben der Fortbildungspflicht nach dem Heilberufegesetz zusätzlich seit dem GMG eine Fortbildungsverpflichtung nach SGB V besteht. Zur Unterstützung der Kollegen in der Nachweisführung, dass sie ihrer Fortbilungsverpflichtung innerhalb des im Gesetz festgelegten 5-Jahreszeitraum nachgekommen sind, erscheint es sehr sinnvoll, dass die Kammer ein dafür taugliches Fortbildungszertifikat erteilt. In der Fortbildungsordnung müssen dazu Kriterien für den Erwerb des Zertifikates sowie die Akkreditierung von Fortbildungsveranstaltungen so definiert werden, dass das Zertifikat diesen Zweck später tatsächlich erfüllen kann, d.h. von den KVen anerkannt werden muss. Diese Anerkennung sei jedoch nur gesichert, wenn die Regelungen für den Erwerb des Zertifikates im Wesentlichen den noch von der Bundespsychotherapeuten- und Bundesärztekammer zu entwickelnden Vorgaben entsprechen. Daher erscheint es aus Sicht der Landesgruppe sehr fraglich, welchen Sinn es zum gegenwärtigen Zeitpunkt macht, dass jedes Land beginnt, in unzähligen Arbeitsstunden in Ausschusssitzungen und Kammerversammlungen eigene Fortbildungsordnungen zu entwickeln, wenn diese dann möglicherweise doch den auf Bundesebene verabschiedeten Regelungen angepasst und zudem sinnvollerweise auch zwischen den verschiedenen Ländern erneut abgestimmt werden müssen, um eine problemlose Anerkennung auch im Falle von Umzügen von Kollegen von einem Land in ein anderes zu gewährleisten. Diese parallelen und wiederholten Diskussionen und Arbeitsprozesse in verschiedenen Ländern sind ein typisches Beispiel für unwirtschaftliches Handeln von Kammern. Die Kosten dafür lassen sich grob abschätzen, wenn man die Anzahl der Teilnehmer an den Ausschusssitzungen bzw. Kammerversammlungen multipliziert mit der Anzahl der Arbeitsstunden und dem Entschädigungssatz pro Stunde von in Schleswig-Holstein 40 €. Ökonomischer wäre, zunächst auf Bundesebene eine Musterfortbildungsordnung zu entwickeln und erst in einem 2. Schritt diese auf die Besonderheiten der unterschiedlichen Heilberufegesetze in den Ländern feinabzustimmen. Einer entsprechenden Argumentation wurde in der Kammerversammlung nicht gefolgt.

Ausführlich diskutiert wurde zudem der Vorschlag des Fort- u. Weiterbildungsausschusses in Abgrenzung zum "Fortbildungszertifikat" auch für die nicht in der vertragsärztlichen Versorgung Tätigen eine "Fortbildungsbescheinigung" zu entwickeln. Dieser Vorschlag wurde im Laufe der Diskussion wegen der Komplexität des Themas zurückgestellt.

Quasi in allerletzter Minute (so nennt man ja auch im Fußball die Nachspielzeit), eigentlich war nämlich zuvor das ultimatives Ende der Sitzung beschlossen worden, wurde ohne wirkliche Diskussion auf Drängen des Vorstandes noch ganz schnell die Vorlage der Gebührenordnung abgestimmt und mit 11 Stimmen angenommen. Diese kann wünschenswerter Weise schon auf der Homepage der pksh eingesehen werden, so dass jeder sich dazu sein eigenes Urteil bilden und vielleicht auch artikulieren kann. Nach Ansicht der Landesgruppe haben einige Positionen eher einen unangemessenen Abschreckungscharakter.

Detlef Deutschmann Bernd Schäfer

 

Antrag von Detlef Deutschmann zur 4. Kammerversammlung der PKSH am 28. Mai 2004

Die Kammerversammlung möge beschließen:

"Die PKSH strebt einen Zusammenschluss zu einer "Psychotherapeutenkammer Nord�?? mit den Psychotherapeutenkammern Niedersachsen sowie Hamburg und Bremen an. Der Vorstand wird beauftragt, die notwendigen Schritte für einen Zusammenschluss zu veranlassen."

Begründung:

Die schon bisher vom Vorstand begonnene Zusammenarbeit mit den Vorständen der Psychotherapeutenkammern Niedersachsen, Hamburg und Bremen mit dem Ziel, Synergien zu nutzen, ist voll zu begrüßen. Einspareffekte dieser Zusammenarbeit sind jedoch unweigerlich dadurch begrenzt, dass alle Kammern weiter ihren eigenen Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten müssen, d.h. eigene Vorstände, Kammer-/Delegiertenversammlungen, Ausschüsse, Geschäftsstellen mit Geschäftsführern und Personal unterhalten müssen. Dies ist hochgradig unwirtschaftlich, da in allen Ländern Ähnliches bzw. Gleiches verwaltet, diskutiert und beschlossen werden muss. Gerade die Aufwendungen für Vorstand, Ausschüsse und Delegierte und die Kosten der Geschäftsstelle einschließlich Personal- u. Beratungskosten machen mit ca. 35% (ca. 138.000 €) und 57% (220.000 €) der Ausgaben im Gesamthaushalt der PKSH 2004 aus, zusammen also ca. 92%!!!

Selbst unter der Annahme, dass eine "Psychotherapeutenkammer Nord" für jedes Land einen zusätzlichen "Ausschuss für spezielle Landesangelegenheiten", so er nötig sein sollte, unterhalten würde und natürlich eine etwas größere Gesamtgeschäftsstelle und etwas größere Ausschüsse mit erhöhten Reisekosten, so läge hier ein riesiges Einsparpotential gerade für die kleineren Länder! Eine erste sehr konservative Kostenkalkulation, ausgehend von dem Haushalt der größten der 4 Kammern, der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen, zeigt, dass der durchschnittliche Jahresbeitrag in einer "Psychotherapeutenkammer Nord" sicher unter 240 € liegen könnte! Dass dies sehr realistisch ist, zeigen Beitragsvergleiche mit den 3 großen Psychotherapeutenkammern NRW, Baden-Württemberg und Bayern. Dort liegen die max. Jahresbeiträge bei 250 € bzw. 276 €.

Eine größere Kammer könnte den Mitgliedern zudem mehr Service (d.h. qualifiziertere MitarbeiterInnen, zeitlich umfassendere telefonische Erreichbarkeit, ...) bieten und hätte in der Bundespsychotherapeutenkammer eine gewichtigere Stimme. Die regionale Nähe der Geschäftsstelle spielt dagegen eine absolut untergeordnete Rolle, da kaum ein Mitglied mit seinen Anliegen persönlich in der Geschäftsstelle vorstellig werden muss.

Hinzu kommt, dass in vielen zentralen Aufgabenbereichen der Kammer, wie z.B. der Berufsaufsicht, der Regelung von Fort- u. Weiterbildung oder der Schaffung eines Versorgungswerkes auch aus inhaltlichen Gründen fast zwingend länderübergreifend gleiche, wenn nicht gar bundeseinheitliche Regelungen und Strukturen anzustreben sind.

Dass ein Zusammenschluss wegen der notwendigen Staatsverträge und der Angleichung der Heilberufegesetze schwierig und nicht von heute auf morgen machbar ist, versteht sich von selbst, dass er aber in überschaubarer Zeit realisierbar ist, machen gerade die ostdeutschen Bundesländer vor. Prinzipielle Bereitschaft dazu hat auch das zuständige Ministerium in Schleswig-Holstein auf Anfrage bereits in der Errichtungsausschussphase der Kammer geäußert.

Dass sich im Rahmen der DGVT-Postkartenaktion für eine Nordkammer, bei der trotz aller Anstrengungen sicher nicht mehr als 80% der Mitglieder erreicht werden konnten, über 40% der PKSH-Mitglieder beteiligt und für einen Zusammenschluss ausgesprochen haben, stellt ein überzeugendes Votum der Basis der Kammer dar, das die Kammerversammlung und der Vorstand nicht übergehen dürfen.


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