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Bericht der Landesgruppe Schleswig-Holstein ('Rosa Beilage' zur VPP 3/2005)

Von: Detlef Deutschmann und Bernd Schäfer

Unmittelbar vor den Sommerferien wurde es in der Psychotherapeutenkammer unseres Bundeslandes noch einmal interessant. Anlass hierfür war die Diskussion um das Versorgungswerk unserer Kammer.


Wir haben uns hierzu ja bereits in den letzten beiden Ausgaben der Rosa Beilage kritisch geäußert und hinterfragt, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, ein Versorgungswerk zu gründen, dass in dieser Größenordnung (oder vielmehr fehlenden Größenordnung) nirgendwo sonst in der Republik für vernünftig gehalten wird. Wir favorisierten einen Anschluss an das Versorgungswerk der Niedersächsischen Psychotherapeutenkammer, dem die Kammern in Hamburg und Bremen bereits beigetreten sind und dem die Kammern von Hessen und Rheinland-Pfalz demnächst beitreten werden. Die überwältigende Mehrheit der Kammerversammlung in Schleswig-Holstein sah das anders und so hat unsere Psychotherapeutenkammer seit Februar ein eigenes Versorgungswerk. Offensichtlich sieht auch der hiesige Kammervorstand, dass ein komplett eigenes Versorgungswerk nur von begrenzter ökonomischer Sinnhaftigkeit ist und so gibt es mehr oder weniger vage Absichtserklärungen, mit einem anderen Versorgungswerk zumindest einen Geschäftsbesorgungsvertrag abzuschließen oder sich vielleicht doch noch einem anderen Versorgungswerk anzuschließen. Dem interessierten Pflichtmitglied stellt sich nun die Frage, wann denn hierüber entschieden werden soll, denn es gab ein sehr wichtiges Datum in diesem Zusammenhang, nämlich den 13. August 2005. Bis zu diesem Datum lief nämlich die Frist, innerhalb derer man sich von der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk hätte befreien lassen können.Hat man bis zu diesem Datum keinen Antrag auf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft gestellt, ist man automatisch Mitglied des Versorgungswerkes und kann rückwirkend von Februar 2005 an zur Beitragszahlung verpflichtet werden.

Aus unserer Sicht wäre es die Aufgabe der Kammerversammlung gewesen, vor Gründung des Versorgungswerkes, spätestens jedoch bis zum 13. August 2005, über die wichtigen Rahmenbedingungen des Versorgungswerkes abschließend zu entscheiden, damit die Pflichtmitglieder wissen, worauf sie sich einlassen. Das ist aber leider nicht geschehen. Der Kammervorstand machte über ein halbes Jahr lang keine erkennbaren Anstalten den Absichtserklärungen auch Taten folgen zu lassen, und so gelang es erfreulicherweise erstmalig, dass sich zu diesem Thema ein gemeinsames oppositionelles Vorgehen in der Kammerversammlung schmieden ließ. Unter maßgeblicher Beteiligung des DGVT-Vertreters erzwangen 6 Versammlungsmitglieder (darunter auch eines aus dem "Regierungsbündnis") eine außerordentliche Kammerversammlung zu diesem Thema noch vor den Sommerferien. Diese fand am 24.06.05 statt, brachte inhaltlich jedoch leider keine neuen Erkenntnisse. Der Kammervorstand legte keine beschlussfähigen Angebote über einen Geschäftsbesorgungsvertrag oder gar über einen Anschluss an ein anderes Versorgungswerk vor. Da hierüber nur die Kammerversammlung entscheiden kann, stand damit fest, dass dies vor dem 13. August nicht mehr geschehen würde. Es blieb bis zu diesem Datum also bei der komplett eigenständigen Miniatur-Ausgabe eines Versorgungswerkes inklusive eines eigenen Aufsichtsausschusses.

Warum unser Kammervorstand an dieser Stelle nicht die "gemeinsamen Ressourcen und Synergieeffekte" mit anderen Kammern und insbesondere mit den Nordkammern nutzt, wie doch immer wieder in offiziellen Texten (siehe auch jüngste Ausgabe des Psychotherapeutenjournals) verlautbart wird, bleibt uns völlig unverständlich. Denn letztlich können nur in schlanken Strukturen Effizienz gesteigert und Kosten reduziert werden. Statt dessen schafft unsere Kammer zusätzliche Strukturen für wenige Mitglieder. So verhält es sich auch bei den Strukturen der Kammer selbst. Es gibt entgegen einem anders lautenden Beschluss der Kammerversammlung keine ernst zu nehmenden Aktivitäten des Kammervorstandes, die Möglichkeit eines Zusammenschlusses zur Nordkammer wirklich auszuloten. Statt dessen gab es im Frühjahr noch einmal Minimalststellungnahmen der vier Kammervorstände Bremens, Hamburgs, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, in denen der Zusammenschluss zu einer Nordkammer ohne nähere Begründung als kontraproduktiv zurückgewiesen wurde.

Für etwas abenteuerlich halten wir es, wenn in diesem Zusammenhang die von uns postulierte Kostenersparnis in Frage gestellt wird. Wer nur ein wenig rechnen kann, dürfte dies nicht ernsthaft bezweifeln. Der mit weitem Abstand größte Teil der Kosten in der schleswig-holsteinischen Kammer entsteht durch den Unterhalt der Geschäftsstelle und durch die Entschädigungen für die gewählten Vertreter und den Vorstand. Es liegt auf der Hand, dass nur in diesen Punkten ein entscheidendes Einsparpotenzial vorhanden ist.  Was hätte eine Nordkammer hier zu bieten? Es könnte eine Geschäftsstelle geben. Die wäre wahrscheinlich etwas größer als die größte der derzeit existierenden vier Geschäftsstellen, aber zweifellos deutlich kleiner als die pure Addition der bestehenden Strukturen. Es gäbe eine Kammerversammlung, die sicher etwas größer wäre als die jetzt größte Kammerversammlung im Norden, aber die sicher deutlich kleiner wäre als die pure Addition der jetzigen Sitzanzahl (wenngleich an dieser Stelle die Rechnung wegen der Vollversammlung in Bremen nicht ganz so einfach ist). Und es gäbe - auch wenn's schwer fällt - nur noch einen Vorstand, für dessen Größe dasselbe gilt. Wenn man dann zudem bereit wäre, sich an einer moderaten Entschädigungsordnung zu orientieren, wie sie z.B. in der niedersächsischen Kammer gilt, dann kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass trotz höherer Fahrtkosten mit einer Nordkammer erhebliche Einsparungen verbunden wären. Selbst wenn man einmal unrealistisch hoch greift und das mögliche Haushaltsvolumen einer Nordkammer mit dem Dreifachen der jetzigen schleswig-holsteinischen Kammer veranschlagt, steigt die Anzahl der Köpfe, die mit ihren Pflichtbeiträgen das Ganze finanzieren aus der Sicht Schleswig-Holsteins um das 5,5-fache. Und nach Adam Riese... .

Auch andere Überlegungen, etwa die, dass eine Nordkammer einen in kafkaesker Art und Weise unüberschaubaren Koloss schaffen würde, wirken doch eher an den Haaren herbei gezogen. Eine Nordkammer wäre kleiner als die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalens und nicht einmal halb so groß, wie die Ärztekammer in Schleswig-Holstein. Die geographische Ausdehnung würde von Bayern und den Ostländern locker übertroffen. Transparenz und Mitgliedernähe haben nach unserer Überzeugung weniger mit Größe als vielmehr mit Haltung zu tun. Deshalb noch ein kleines Beispiel für die Haltung unseres Vorstandes: Ein Leserbrief, der von uns mit den vorstehenden Inhalten an das Psychotherapeutenjournal geschickt wurde, fand leider keine Veröffentlichung.  Über die Veröffentlichung von Leserbriefen entscheidet der jeweilige Vorstand der Landeskammer. Wir müssen mittlerweile leider davon ausgehen, dass die Strategie der Kammervorstände zur Nordkammeraktion in dem Versuch besteht, das Votum der ca. 1.400 Pflichtmitglieder so weit wie möglich zu ignorieren, in der Hoffnung, dass sich die Initiative tot läuft.

Was kann also weiter getan werden?

Fest steht, dass die DGVT das Ziel einer Nordkammer weiter verfolgen wird. Hilfreich war schon einmal, dass unsere Position in der niedersächsischen Kammer durch die jüngste Kammerwahl deutlich gestärkt wurde. Vielen Dank dafür. Gleichwohl sitzen wir nach wie vor nicht ausreichend an einflussreicher Stelle, um eine Umsetzung über die offiziellen Kanäle zu erreichen. Wir können deshalb nur dafür sorgen, dass die Initiative nicht erlahmt, im Idealfall auch, dass der öffentliche Druck auf die Kammerfunktionäre steigt. Wir haben uns deshalb entschlossen, den Kammervorständen ihre Hausaufgaben abzunehmen. Wir werden einen Musterhaushalt erarbeiten und damit die offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteile einer Nordkammer für die Pflichtmitglieder mit einem belastbaren Zahlenwerk untermauern und wir werden für die wenigen inhaltlichen Punkte, die gegen die Gründung einer Nordkammer sprechen ganz konkrete Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Für Beides brauchen wir etwas Zeit, aber wir werden es je nach Lage der Dinge zu gegebener Zeit in die politische Auseinandersetzung einbringen. Nach wie vor sind wir aber auch auf Sie angewiesen. Machen Sie bitte Ihren gewählten VertreterInnen wann immer es geht deutlich, dass Sie an einer Umsetzung weiter interessiert sind. Nach wie vor sind wir sicher, dass eine Nordkammer im Vergleich zu den jetzigen Strukturen ihre Aufgaben kostengünstiger und effizienter wahrnehmen kann und deshalb im Interesse der Pflichtmitglieder liegt.

Was gibt's noch?

Interessant ist ja zweifellos auch die derzeitige politische Großwetterlage. In Schleswig-Holstein hat es einen Regierungswechsel gegeben und wir sollten wohl aufpassen, welche Auswirkungen dies möglicherweise auf die psycho-soziale Versorgungslandschaft im Lande hat. Jüngst hat der neue Ministerpräsident angekündigt, dass die Landesausgaben pauschal in allen Bereichen um 10% gekürzt werden. Wie das genau aussehen soll, weiß noch keiner. Aber wenn Sie in einem Bereich arbeiten, der aus Landesmitteln finanziert ist, informieren Sie uns bitte, wenn konkretere Planungen bekannt werden. Manchmal lohnt es sich dann, wenn Berufs- und Fachverbände aktiv werden. Und  so wie das im Moment aussieht, kommen ja auch noch Bundestagswahlen.

Bleibt noch der Hinweis auf unsere nächste Regionale Mitgliederversammlung. Veranstalten werden wir sie am 18.10.05 um 19:00 Uhr, wahrscheinlich wie bisher auch in der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik in Bad Bramstedt. Persönliche Einladungen mit den genauen Angaben und der Tagesordnung werden Sie rechtzeitig erhalten. Wir hoffen jedenfalls auf rege Teilnahme.

Soviel für diesmal.

Einen schönen Restsommer wünschen


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