In allen Institutionen und Organisationen, die für Menschen tätig sind, werden diese wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Wohle der Menschen angewandt, nicht nur in den Klinischen Arbeitsfeldern (Klinische Psychologie) und in der Arbeitswelt (Arbeits- und Organisationspsychologie) sondern besonders auch im Bildungsbereich ist die Psychologie von enormer Relevanz, da Kenntnisse der Entwicklungs-, Sozial-, Allgemeinen, Pädagogischen und Differentiellen Psychologie und der Diagnostik wichtige Beiträge leisten, wenn es darum geht, dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag in Schulen gerecht zu werden.
Das „Organisationsziel“ von Schule: „allen Kindern die Chance auf eine optimale Persönlichkeitsentwicklung zu gewähren“ kann nur unter Einbeziehung psychologischer Erkenntnisse gelingen.
Was genau bietet Schulpsychologie?
Schulpsychologie hat sich in den vergangenen 50 Jahren mit den gesellschaftlichen Veränderungen deutlich weiterentwickelt. Traditionell war es zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland üblich, den Focus sehr stark auf einzelne Kinder zu richten, die Probleme im Leistungs- und/oder Verhaltensbereich hatten. Die Hauptaufgabe lag in der Analyse, Diagnose und Förderung dieser Kinder und in der Beratung der Eltern z. B. bei Schullaufbahnempfehlungen.
Schon in dieser Zeit war deutlich, dass Lehrkräfte diese umfassenden diagnostischen Kenntnisse und passende Fördermaßnahmen nicht neben ihren Kernaufgaben erlernen und praktizieren können, so wurde die Notwendigkeit offenbar, zusätzlich zu den Lehrkräften weitere Fachleute in die Institution Schule zu integrieren, um vorhandene Begabungspotenziale besser zu erkennen und zu fördern, aber auch um einzelnen Kindern Unterstützung bei Schwierigkeiten zu geben und auch Lehrkräfte dabei zu unterstützen allen Kindern gerecht zu werden.
Mit der sich in den 70er Jahren zunehmend durchsetzenden Erkenntnis, dass es neben der individualpsychologischen Betrachtung notwendig ist, auch die Beziehungen und Interaktionen nicht nur in Familien sondern auch in anderen Systemen, wie Schulklassen oder Schulen insgesamt in den Blick zu nehmen, um das Verhalten eines Kindes zu analysieren, zu verstehen und ggf. zu verändern, setzte sich auch in der Schulpsychologie das systemische Paradigma immer stärker durch.
Dies führte zu veränderten Settings in der Beratung: das medizinische Modell wurde weiterentwickelt u. a. durch die Beobachtung der „Problemkinder“ im Unterricht in ihrer Lerngruppe. Die so gewonnen Daten konnten zusätzlich zu anderen Diagnosen zu hilfreichen Empfehlungen führen, welcher Art die Unterstützung sein müsste, die ein Kind von Lehrkräften und Eltern benötigt. „Runde Tische“ unter Einbeziehung der Kinder entwickelten sich zu einem Standard (nicht über die Kinder reden, sondern mit ihnen).
Durch die Beobachtungen in den Schulen wurden auch oftmals strukturelle Probleme in einer Klasse oder einem Jahrgang offenkundig, die nicht selten zu der Beratung oder Fortbildung eines gesamten Klassen- oder Jahrgangsteams oder Kollegiums führen.
An einigen großen Schulen, an denen Schulpsychologinnen und Schulpsychologen ihre Beratungsräume hatten oder haben, entwickelten sie Trainingsprogramme zum Angstabbau, zur Steigerung der Konzentration, zur Behebung von Lese-Rechtschreibschwächen etc. und interessierte Lehrkräfte nahmen dankbar Fortbildungsangebote in diesen psychologisch gut aufbereiteten Anwendungsfeldern in Anspruch.
Für die Schulpsychologie in Niedersachsen haben sich neben den o. g. Aufgaben in den vergangenen 10 Jahren die folgenden Tätigkeiten intensiviert, da die Schulen in diesen Themen einen immer größer werdenden Bedarf artikulierten:
Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit
Ein weiterer Abbau der Schulpsychologie, wie er in einigen Bundesländern erfolgt, liegt nicht im Interesse einer Gesellschaft, die auch eine moralische Verpflichtung gegenüber den Kindern und Jugendlichen hat, diese „zukunftsfähig“ zu machen.
Eine weitere Privatisierung von Dienstleistungen, die besonders zu Lasten unterprivilegierter Bevölkerungsschichten (PISA lässt grüßen) geht, die sich weder die Bezahlung einer privaten Psychotherapie leisten können, noch in Konflikten in der Schule über ausreichende Fähigkeiten verfügen, sich zu artikulieren, ist moralisch bedenklich und sollte zumindest durch ein entsprechendes staatliches Angebot komplettiert werden.
Ein weiterer Ausbau des schulischen Unterstützungs- und Beratungssystems mit Fachleuten, wie z. B. Schulpsychologen/-innen, wie es Bundespräsident Horst Köhler fordert, ist in den erfolgreichen PISA Ländern erfolgt und auch in Deutschland erforderlich, um die Zukunftsfähigkeit unserer Kinder zu sichern.
Korrespondenzadresse:
Dipl.-Psych. Barbara Kubesch
Psychologische Psychotherapeutin, Schulpsychologin
Landesschulbehörde Standort Hannover
Dezernat 1
Am Waterlooplatz 11
30169 Hannover
Tel. 05111 106-2442
E-Mail: Barbara.Kubesch(at)LSCHB-H.niedersachsen(dot)de