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Aktueller Sachstand Umsetzung Mindestquote KJP


Die Umsetzung der Mindestquote zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen kommt inzwischen in den meisten KVen in Gang. Das ist zunächst erfreulich, beschert die Umsetzung im ersten Schritt (Umsetzung einer flächendeckenden 10 %-Versorgung) in den Planungsbezirken doch einige neue Kassensitze. Es sei an dieser Stelle nur nochmals daran erinnert, dass diese Entwicklung bereits ein Jahr früher hätte stattfinden können – hätte sich die Selbstverwaltung, sprich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), nicht so erfolgreich einer zeitnahen Umsetzung der Änderung des Sozialgesetzbuches V versperrt.

Laut einem aktuellen Schreiben des BMG ist aufgrund der Mindestquote mit insgesamt 900 neuen Sitzen in ganz Deutschland zu rechnen. In 77 (von insgesamt 395) Planungsbereichen liegt der Versorgungsanteil der Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen derzeit unter 10 %, d.h. in diesen Bezirken ist mit Entsperrungen und daraus resultierend Neuausschreibungen zu rechnen. 

Auf die Sitze können sich sowohl KJP als auch PP (mit entsprechender Abrechnungsgenehmigung) bewerben.

An der Zahl 77 Bezirke von 395 Bezirken zeigt sich, dass die Verzögerungstaktik des G-BA (zunächst 10 %-Versorgungsanteil in allen Planungsbereichen einer KV, dann erst kann auf 20 % aufgestockt werden) greift. Auf diese Weise werden stark verspätet, eventuell erst in 2011 in den anderen 318 Bezirken Neuausschreibungen überhaupt stattfinden können. Durch diese Verzögerung bei der Umsetzung der Mindestquote sparen die KVen auch in 2010 nochmals für viele Quartale Honorarzahlungen ein (obwohl für 2010 insgesamt 40 Millionen Euro zusätzlich für Psychotherapie zur Verfügung gestellt werden – damit soll eigentlich der zusätzliche Honorarbedarf, der aufgrund der Halbierung von Versorgungsaufträgen und durch Neuzulassungen aufgrund der Mindestquote entsteht, finanziert werden).

Unsere Empfehlung lautet auch für 2010 weiterhin:

Beobachten Sie die möglichen Neuausschreibungen in den einschlägigen KV-Blättern. Bemühen Sie sich um Jobsharing-Verträge, um auf diese Weise Ihre Chancen auf eine Zulassung, falls es zu Neuausschreibungen kommt, zu verbessern. Auch der Erwerb eines halben Praxissitzes sollte in Erwägung gezogen werden. Im Vorfeld empfiehlt es sich (insbesondere für KollegInnen mit noch niedrigem Approbationsalter), mit dem abgabewilligen Praxisinhaber ein Jobsharing zu vereinbaren, um die Chancen auf die (spätere) Zulassung zu erhöhen (Jobsharing-Partner des Praxisinhabers sind im Nachbesetzungsverfahren privilegiert). Die KVen bieten für halbe Praxissitze sog. Jobbörsen an, es ist auch empfehlenswert, in den KV-Blättern eine Annonce aufzugeben.

Weitere Ärgernisse bei der Umsetzung der Mindestquote

Die Mindestquote beschäftigt die Verbände und die Bundespsychotherapeutenkammer auch weiterhin. Der G-BA sorgte nicht nur für eine verzögerte Umsetzung des Gesetzes in zwei Etappen, sondern legte gleichzeitig eigenmächtig fest, dass auf die Quote nicht nur diejenigen bereits zugelassenen Psychotherapeuten anzurechnen sind, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Der Kreis der in die Berechnung des Versorgungsbedarfs einzubeziehenden Gruppe wurde durch den G-BA auch auf diejenigen Psychotherapeuten erweitert, die nur gelegentlich Kinder und Jugendliche behandeln. In KV-Regionen, in denen (doppelt approbierte) PsychotherapeutInnen die Doppelzulassung (sowohl als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut als auch als Psychologischer Psychotherapeut) erhalten konnten, macht sich das mit einem Anrechnungsfaktor von 0,5 bei der Erfassung des Versorgungsbedarfs bemerkbar. Diese Behandler werden mit einberechnet unabhängig davon, ob sie tatsächlich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten oder nicht. Folge dieser am Gesetzesziel vorbeigehenden Regelung ist, dass es z. B. in der KV Westfalen-Lippe voraussichtlich nur 40 bis 50 zusätzliche Praxissitze geben wird aufgrund der Mindestquote (die KVWL hat sog. Doppelzulassungen registriert). Die Bundespsychotherapeutenkammer hat hierzu bereits ihren Protest bekundet.

Bündnis 90/Grüne konfrontiert Bundesregierung mit Kleiner Anfrage zu Problemen bei der Umsetzung durch den G-BA

Die Bundestagsfraktion hat sich aufgrund der beschriebenen Mängel bei der Umsetzung des GKV-OrgWG (ein Teil dieser Reform war die Einführung der Mindestquote für KJP) im vergangenen Jahr dazu veranlasst gesehen, eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung hinsichtlich der „Verbesserung der ambulanten Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher durch eine Mindestquote“ zu richten. Die Antworten des Bundesgesundheitsministeriums vom Dezember 2009 (damals bereits in der neuen Besetzung durch FDP-Staatssekretär Bahr) waren – wie zu erwarten – insgesamt ausweichend. Die Fragestellerin Biggi Bender von Bündnis 90/Grüne kritisierte in einem aktuellen Schreiben, das auch an die Psychotherapeutenverbände verschickt wurde, dass bei der aktuell interessierenden Frage von Bündnis 90/Grüne „In welchem Umfang versorgen doppelt zugelassene PsychotherapeutInnen Kinder und Jugendliche? kein zur Beantwortung der Frage notwendiges Datenmaterial bei der KBV durch das Ministerium eingeholt worden sei. Es zeigt sich an dieser Stelle einmal mehr der mangelnde politische Wille, das Gesetzesvorhaben gegen die Vorstellungen der Selbstverwaltung durchzusetzen. Den Schriftverkehr rund um die Kleine Anfrage finden Sie auf der Homepage der DGVT veröffentlicht.

Die Diskussion um die Umsetzung der Mindestquote ist wie beschrieben im Detail noch nicht ausgestanden. Wir werden weiter berichten.

Kerstin Burgdorf

Quelle: Rosa Beilage zur VPP 1/2010


Mehr zum Thema:

Psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen (31.08.2009)

Kleine Anfrage Bündnis 90/GRÜNE zur Umsetzung der KJP-Mindestqoute vom 27.11.2009:

Antwort der Bundesregierung BT-Drucksache 17/250 v. 16.12.2009

Ergänzung KJP-Quote Bündnis 90/GRÜNE

Kommentierung Biggi Bender

Antwort BMG Kleine Anfrage

Kleine Anfrage KJP-Mindestquote


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