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Bericht der Landesgruppe Bayern (Rosa Beilage zur VPP 2/2010)


Am 22.1.2010 fand die Mitgliederversammlung der DGVT in Bayern statt. Das erste Mal wurde die Mitgliederversammlung im Norden Bayerns, in Erlangen (nahe Nürnberg), abgehalten. Dank Willi Strobl konnte als Gastredner Dipl.- Psych. Rudi Bittner, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, gewonnen werden. Mit über 30 Teilnehmern war die Mitgliederversammlung so gut besucht wie lange nicht mehr.

Rudi Bittner berichtete zunächst ausführlich über die Struktur der KV Bayern und bemühte sich redlich, Licht ins KV-Dunkel zu bringen. Dabei wurde deutlich, dass es sich um gewachsene Strukturen handelt, die an Komplexität und Undurchschaubarkeit nur mit Schwierigkeiten zu übertreffen sein dürften.

Wie zu erwarten, äußerte sich der stellvertretende KV-Vorsitzende sehr skeptisch zu den neuen Versorgungsstrukturen, die z. B. durch das Wettbewerbsstärkungsgesetz möglich geworden sind. Insbesondere sei eine Leistungsausweitung zu vermeiden, da sie zwangsläufig zu einer Reduktion der Vergütung der einzelnen Leistung führen müsse und zwar unabhängig von dem tatsächlichen zusätzlichen Versorgungsbedarf, der jedoch bzgl. der psychotherapeutischen Versorgung von Rudi Bittner bezweifelt wurde.

Favorisiert wurden von ihm vor allem sog. Add-on-Verträge, wie z.B. das DMP Brustkrebs, das sind Vereinbarungen über Programme zur Verbesserung der Versorgung zwischen der KVB und den Krankenkassen, die außerhalb der Gesamtvergütung vergütet werden. Das DMP Brustkrebs gibt es in Bayern nun schon seit einigen Jahren. Dass dennoch kaum Leistungen von Psychotherapeuten abgerechnet würden, sei aus seiner Sicht nicht nachzuvollziehen. Eine von Rudi Bittner erwähnte Werbekampagne mit Flyern über psychoonkologische Behandlungsmöglichkeiten an koordinierende Fachärzte im DMP ist nun bereits angelaufen. Es wird sich zeigen, ob dadurch die psychoonkologische Versorgung von BrustkrebspatientInnen verbessert werden kann. Laut Rudi Bittner sei dies sehr wünschenswert und die Beteiligung von Psychotherapeuten an weiteren DMPs ebenso, da dies das Ansehen der Psychotherapeuten innerhalb der Fachärzteschaft deutlich steigern dürfte.

Bittner ging auch auf die Umsetzung der Mindestquote für KJP ein und veröffentlichte die Daten der frei gewordenen Sitze für KJP und PP, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Durch die neue Quote auch für vorwiegend psychotherapeutisch tätig Ärzte kam es im Planungsbezirk Fürth sogar zu einer Entsperrung, so dass sich auch PP und Ärzte auf zusätzliche Sitze für die Behandlung von Erwachsenen bewerben konnten. Allerdings wurden bei der mittlerweile stattgefundenen Sitzung des Zulassungsausschusses Mittelfranken auch hier vorwiegend Bewerber bevorzugt zugelassen, die entweder nur Kinder und Jugendliche oder sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene behandeln können.

Bei der abschließenden Fragerunde gab es Nachfragen v.a. zum Jobsharing, zu halben Praxissitzen und zu anderen Zulassungschancen von jungen KJP und PP innerhalb des KV-Systems. Es wird sich in Zukunft wohl nichts an den bisher eher ungünstigen Regelungen hinsichtlich des Jobsharings ändern. Auch halbe Praxissitze wird es wohl nur vereinzelt geben, da die Nachteile für so manchen potentiellen halben Praxissitzabgeber überwiegen dürften. Beispielsweise würde er danach nie mehr die Möglichkeit haben, mehr als ein halbes Zeitkontingent zu arbeiten, dies könnte so manchen an der Abgabe eines halben Sitzes hindern. Die Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung mag in diesen Situationen eine eher untergeordnete Rolle spielen. Da sind Psychotherapeuten eben auch nur Menschen. Wenn also die Versorgung verbessert werden soll, muss das Jobsharing attraktiver gestaltet werden und dazu muss mehr Geld ins System. Und Geld zur Verbesserung der Versorgung psychisch Kranker kommt dann ins System, wenn es politisch gewollt ist.

Im weiteren Verlauf der Mitgliederversammlung berichtete Willi Strobl über Neues aus der Kammer und die momentan berufspolitisch innerhalb der DGVT (insbesondere des DGVT-Länderrats) diskutierten Themen, wie z.B. die Reform des Psychotherapeutengesetzes und Psychotherapie in Europa.

Insgesamt kann die Mitgliederversammlung als voller Erfolg gewertet werden und es gab die Rückmeldung, dass auch in Zukunft Mitgliederversammlungen im Norden Bayerns stattfinden sollten. Da die drei Landessprecher Rudi Merod (München/ Bad Tölz), Willi Strobl (Ingolstadt) und Anselm Mugele (Erlangen) von Nord nach Süd über das schöne Bundesland Bayern verteilt sind, ist geplant, die nächste Mitgliederversammlung in Ingolstadt stattfinden zu lassen. Wir freuen uns schon jetzt über Euer Interesse und Eure Teilnahme.

Anselm Mugele

1. Aus der Delegiertenversammlung der Kammer

Auch die bayerische Psychotherapeutenkammer beschäftigte sich in ihrer letzten Delegiertenversammlung (DV) am 15. April 2010 sehr intensiv mit der Thematik Neugestaltung der Psychotherapeutenausbildung.

Vor allem im Hinblick auf die Fortführung der Diskussion beim 16. Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) am 8. Mai in Berlin wurden nochmals die wichtigsten Eckpunkte vorgetragen, in der Hoffnung, dass beim DPT ein Konsens gefunden werden kann.

Nur wenn sich die Psychotherapeutenschaft einig ist, besteht überhaupt eine Chance, dass die Politik eine Entscheidung noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages in Angriff nehmen wird – so der Appell des Vorstands.

Der anwesende Vertreter des Ministeriums unterstrich den Zeitdruck für eine konsentierte Stellungnahme des Berufsstands.

Dr. Christina Tophoven, Geschäftsführerin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), hielt einen Gastvortrag mit dem Titel „Weiterentwicklung der psychotherapeutischen Versorgung – Herausforderungen und offene Fragen“.

In Bezug auf den psychotherapeutischen Versorgungsbedarf leiden 31 Prozent der Menschen zwischen 18 und 65 Jahren (16,5 Mio. Erwachsene) unter einer psychischen Störung. Jährlich kämen rund 700.000 psychotherapeutisch behandlungsbedürftige Kinder und Jugendliche hinzu.

Bei ca. 5 Mio. Bundesbürgern (Erwachsene, Kinder und Jugendliche) ist die psychische Beeinträchtigung so gravierend, dass sie behandlungsbedürftig sind.

Dem steht eine maximale ambulante Behandlungskapazität aller 20.000 PP, KJP und ärztlichen PT von 1,1 Mio. Patienten gegenüber.

Im stationären Bereich ist nochmals eine jährliche Behandlungskapazität für ca. 1,5 Mio. Patienten vorhanden.

Aus diesen Zahlen ist eine deutliche Unterversorgung von beinahe 50 % bei psychisch kranken Menschen ersichtlich.

Frau Tophoven beendete ihren Vortrag mit einem Zitat von Willy Brandt: „Der beste Weg die Zukunft vorauszusagen, ist sie zu gestalten“.

Die DV verabschiedete des Weiteren eine Resolution, in der sie einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt und sexuellen Missbrauch fordert. Die Kammer sichert u. a. den Betroffenen Unterstützung zu, z.B. durch die  Schaffung unabhängiger Anlaufstellen für die Opfer und Hilfestellung bei der Suche nach einem Psychotherapieplatz.

2. Aus dem KJP-Ausschuss der Kammer

Aufgrund der großen Nachfrage beim ersten Workshop veranstaltete der KJP-Ausschuss der Kammer nochmals eine Fortbildung zum Thema „Legastheniegutachten von KJP und PP für Schule und Jugendhilfe“. Diesmal kamen 83 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Nürnberg.

Auch der Fachtag ADHS für ErzieherInnen fand bei den Teilnehmern großen Anklang. Diese Tagung wurde in Kooperation mit dem bayerischen Sozialministerium durchgeführt.

Geplant ist die Durchführung weiterer Fachtagungen auch für andere Zielgruppen, z.B. für Lehrer.

3. Landeskonferenz der Richtlinienpsychotherapieverbände Bayern (LAKO)

Die LAKO beschäftigt sich vor allem mit den Rahmenbedingungen der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung in Bayern. Da ihr ausschließlich Richtlinienpsycho­therapieverbände angehören, kooperiert sie eng mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Deshalb werden auch die in der Regel viermal jährlich stattfindenden Sitzungen in den Räumen der KVB abgehalten.

Die wichtigsten Themen der letzten beiden Sitzungen waren u. a. die Honorarsituation. So mussten die Psychotherapeuten in Bayern einen Honorarabschlag von 1,8 % gegenüber dem Orientierungspunkwert hinnehmen. Hier wurde ein Musterwiderspruchsbescheid erarbeitet, den die einzelnen Verbände dann an ihre Mitglieder sandten. Auch über eine mögliche Musterklage wurde beraten. Nachdem jedoch die Krankenkassenverbände schließlich einlenkten und der KVB das fehlende Geld zahlten, wurde von einer Klage abgesehen.

Ein weiteres aktuelles Thema ist die Umsetzung der 20%igen KJP-Quote im Bereich der KVB. Der erste Schritt, die Besetzung von 10% der KJP-Sitze, ist bis auf einen Sitz im Versorgungsgebiet Lichtenfels abgeschlossen.

Honorarabschläge bei Überversorgung: Die möglichen Auswirkungen des § 87 Abs. 2e SGB V wurden ebenfalls in den beiden letzten Sitzungen lebhaft diskutiert. Für niedergelassene Psychotherapeuten bedeutet die Umsetzung dieses Paragraphen, dass es bei einer Überversorgung im Zulassungsbezirk zu einem Honorarabschlag und bei einer Unterversorgung zu einem Honorarzuschlag käme. Nach folgenden Kriterien gilt ein Gebiet unter- bzw. überversorgt (Psychotherapeuten zählen dabei zu den Fachärzten):

1.   Unterversorgung II: Versorgungsgrad unterschreitet 56,25% bei Hausärzten bzw. 37,5% bei Fachärzten

2.   Unterversorgung I: Versorgungsgrad bei Hausärzten größer gleich 56,25%, aber kleiner als 75% bzw.  größer gleich 37,5%, aber kleiner als 50% bei Fachärzten

3.   Regelversorgung: Versorgungsgrad bei Hausärzten zwischen 75% und 110% bzw. bei Fachärzten zwischen 50% und 110%´

4.   Überversorgung I: Versorgungsgrad größer als 110%, aber kleiner als 150%

5.   Überversorgung II: Versorgungsgrad größer/gleich 150%

Und so sähe dann der Honorarzuschlag bzw. –abschlag aus:

Gruppe 3: Psychotherapeuten:

Überversorgung II: -19 %

Überversorgung I: -9,5 %,

Unterversorgung I: +13,5 %

Unterversorgung II: +27 %

Sollte diese Regelung wie beabsichtigt zum 01.01.2011 umgesetzt werden, bedeutet dies für viele Kolleginnen und Kollegen in den großstädtischen Ballungsräumen, die in der Regel eine Überversorgung von mehr als 150% aufweisen, eine existenzbedrohende Situation.

Willi Strobl


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