Bericht von der Delegiertenversammlung der hessischen Psychotherapeutenkammer am 23. und 24. April 2010 in Heppenheim
Die Delegiertenversammlung hatte zwei herausragende Themen: die Reform der Psychotherapeutenausbildung und die Weiterentwicklung der hessischen Weiterbildungsordnung.
Zur Diskussion um die Ausbildungsreform brachte die Fraktion VT-AS (Verhaltenstherapie - Angestellte/Selbständige), in der Wilfried Schaeben und Karl-Wilhelm Höffler die DGVT vertreten, das in dieser Rosa Beilage auch dokumentierte Positionspapier ein.
Große Einigkeit herrschte über die Notwendigkeit, den Masterabschluss als Zugangsvoraussetzung der Ausbildung sowohl in Erwachsenen-Psychotherapie als auch in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie durchzusetzen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass damit aber lediglich die wissenschaftliche Ausbildung künftiger PsychotherapeutInnen prinzipiell konsentiert ist. Die Frage, welche Inhalte ein Bachelor- und notwendigerweise anzuschließendes Master-Studium haben sollen, ist aber noch nicht endgültig geklärt. Unterschiedliche Papiere zu diesem Thema liegen vor. Strittig sind der Anteil sozialwissenschaftlicher und pädagogischer Lerninhalte und der Umfang der wissenschaftlich-methodischen Ausbildung.
Kontrovers wurden die Fragen der Befugniserweiterung, die Frage der Anzahl künftiger Psychotherapeutenberufe (eine Approbation zum „Psychotherapeuten/Psychotherapeutin“ oder zwei Approbationen wie bisher) diskutiert. Einigkeit herrschte wiederum, dass die Situation der PiAs verbessert werden müsse, wobei die „eingeschränkte Behandlungserlaubnis“ wiederum strittig ist.
Die Delegiertenversammlung fasste einstimmig zwei Beschlüsse zum Thema:
Antrag 1: Die Delegiertenversammlung der LPPKJP (Psychotherapeutenkammer Hessen) spricht sich für eine kurzfristige und rasche Präzisierung der akademischen Zugangskriterien im Psychotherapeutengesetz aus und fordert für alle Studienabschlüsse den Master als Zugangskriterium zur psychotherapeutischen Ausbildung zum PP und KJP. Dabei sollen die bereits erarbeiteten Konsenspapiere zu den inhaltlichen Mindeststandards berücksichtigt werden. Die Landeskammern, die Bundespsychotherapeutenkammer und der deutsche Psychotherapeutentag werden aufgefordert, ihre Bemühungen dahingehend zu intensivieren, unabhängig davon, ob mittelfristig eine umfassende Reform der Ausbildung/PTG umsetzbar sein wird.
Antrag 2: Die Delegiertenversammlung der LPPKJP (Psychotherapeutenkammer Hessen) spricht sich dafür aus, die durch das Forschungsgutachten aufgeworfenen Fragen der zukünftigen Struktur der Ausbildung und der Struktur des Berufsbildes in einem der Bedeutung der Entscheidungen angemessenen weiten Zeitrahmen und ergebnisoffener Diskussion zu erörtern. Eine Entscheidung auf dem 16. Deutschen Psychotherapeutentag im Mai 2010 hinsichtlich der Fragen, wie ein oder zwei Heilberufe, Einführung einer eingeschränkten Berufsausübungserlaubnis u. a. ist derzeit nicht in breitem und einvernehmlichem Konsens herbeizuführen. Der Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer wird aufgefordert, die Engführung der Diskussion auf der Grundlage ihres vorgelegten Eckpunktepapiers zu beenden und verschiedene Optionen unter Einbeziehung der bereits vorliegenden Konsenspapiere und Stellungnahmen in ausgewogen besetzten Kommissionen zeitnah erarbeiten zu lassen. Bei besonderem Entscheidungsdruck soll ein außerordentlicher DPT einberufen werden.
Mit großer Spannung wurde der zweite wichtige Punkt der Delegiertenversammlung erwartet: die Diskussion um die Weiterbildungsordnung. Die Mehrheits-Fraktionen (Fraktionen von QdM, bkj, Liste „Freie Berufe“ und VPP/BDP sowie der Psychodynamischen Listen PP und KJP) hatten einen Antrag vorgelegt, nach dem die Weiterbildungsordnung erweitert werden sollte. Neben der Weiterbildung in „Bereichen“ (wie bei der Neuropsychologie schon umgesetzt) sollten auch Verfahren wie die Systemische Therapie und die Gesprächspsychotherapie (im Sinne eines Zweitverfahrens) als Weiterbildung erlernbar sein und die Anforderungen für eine Weiterbildung in Gesprächspsychotherapie und Systemischer Therapie in Abschnitt B der Weiterbildungsordnung geregelt werden.
In einer sehr intensiven Diskussion bewerteten wir dieses Ansinnen der Mehrheitsfraktionen als eine in mehrfacher Hinsicht brisante Sachlage. Deshalb war es für VT-AS klar, dass wir uns in die Diskussion auch mit einem eigenen Antrag einbringen würden, dem die Delegiertenversammlung letztendlich auch folgte.
Darin hat die Delegiertenversammlung jetzt festgelegt, dass der Ausschuss AFW (Aus-, Fort- und Weiterbildung) beauftragt wird, bis zur DV im Herbst 2010 einen Entwurf einer Weiterbildungsordnung vorzulegen, der es ermöglicht, Verfahren, die als Vertiefungsverfahren zur Ausbildung zugelassen sind, in die Weiterbildungsordnung aufzunehmen. Dabei soll der Ausschuss insbesondere auch darstellen, welche berufs- und sozialrechtlichen Folgewirkungen eines Nebeneinander von (Erst-) Ausbildung in einem Vertiefungsverfahren und Weiterbildung in einem Zweitverfahren zu erwarten sind. Der Ausschuss wurde zudem beauftragt, auf der Grundlage dieser Vorarbeiten einen Entwurf für die Weiterbildung in den Verfahren Gesprächspsychotherapie und Systemische Therapie vorzubereiten, deren Umfang sich an den Zweitverfahrensregelungen der KV Hessen orientiert.
Mit diesem Beschluss, der auch nur in dieser Form (unter Einschluss des letzten Satzes) mehrheitsfähig war, wurde von der Delegiertenversammlung sichergestellt, dass mit dem Instrument der Weiterbildungsordnung (zunächst noch) sorgsam und abwägend umgegangen wird. Alle grundsätzlichen Fragen und Besorgnisse, ob die PsychotherapeutInnenschaft diesen Weg gehen soll, können und müssen „auf den Tisch kommen“ und breit diskutiert werden.
Karl-Wilhelm Höffler