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Bericht von der 8. OPK-Delegiertenversammlung


Am 1. und. 2. Oktober fand in Potsdam die achte und letzte Delegiertenversammlung der ersten Wahlperiode der ostdeutschen Psychotherapeutenkammer statt. Die eröffnende Präsidentin hatte die traurige Pflicht, den plötzlichen Tod des sächsischen Delegierten Dr. habil. Jörg Schumacher sowie den Tod der Journalistin Brigitte Düring mitzuteilen. Zu beider Gedenken wurde eine Schweigeminute abgehalten.

Brandenburgische Grußworte sprach Kathrin Küster vom Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Schließlich begrüßten wir die nachrückenden Delegierten Dr. Rüdiger Bürgel aus Erfurt (anstelle Michael Steins) sowie Dr. Sabine Gollek aus Leipzig (für Jörg Schumacher).

Der Rechenschaftsbericht zum Haushaltsjahr 2009 begann mit der Vorstellung des Jahresabschlusses durch unseren Geschäftsführer Carsten Jacknau. Als Überschuss konnten 205.000 € in die Rücklage fließen. Die knapp über eine Million € Einnahmen sind auf die weiter steigenden Mitgliedszahlen (9.10.2010: 2.640, davon ca. 60% Niedergelassene) zurückzuführen, aber auch auf die wohl sehr vorsichtige Haushaltsplanung. Die Ausweitung der Öffentlichkeits- und Länder-Arbeit führte zu höheren Personalkosten. Schließlich empfahl Ragna Richter vom OPK-Finanzausschuss die Entlastung des Vorstandes für 2009, was dann auch so abgestimmt wurde.

Der Bericht von Vorstand und Geschäftsführung bewertete die Bemühungen der OPK-Bundesdelegierten um die „Zukunft der Ausbildung“ auf dem 16. Deutschen Psychotherapeutentag als erfolgreich. Der Beitritt zum Versorgungswerk PTV NRW wurde vollzogen. Ein Kernpunkt des Jahres sei die Intensivierung der OPK-Länderarbeit gewesen. Man sei nun in den Landespsychiatriebeiräten, runden Tischen zum Kinderschutz und diversen länderspezifischen Initiativen vertreten. Ebenso wurden zu allen KVen und Landesprüfungsämtern Kontakte geknüpft. Ein Treffen mit Vertretern der ostdeutschen Ausbildungszentren wurde etabliert, die curriculare Fortbildung „Sachverständigentätigkeit“ sei ausgebucht. Von einer Arbeitsgruppe werde bereits ein Traumatherapie-Curriculum geplant. Der OPK-Psychotherapeutentag (OPT) am 25./26.3.2011 in Dresden und weitere Veranstaltungen zu Psychotherapie in Europa würden vorbereitet. Und demnächst stehen die neuen OPK-Delegierten-Wahlen an.

Der Haushaltsplan 2011 wurde vorgestellt, diskutiert und verabschiedet. Die Geschäftsstelle soll personell für die Länderarbeit und die wissenschaftliche Assistenz verstärkt werden. Wegen des gestiegenen Raumbedarfs wird ein Umzug in eine größere Geschäftsstelle nötig. Die Öffentlichkeitsarbeit mit den halbjährlichen Infoveranstaltungen in allen fünf Ländern, dem Mitteilungsorgan „OPK-aktuell“, dem Beitrag zum Psychotherapeutenjournal, der OPK-Homepage und einigen Themen-Veranstaltungen werde insgesamt fast 100.000 € kosten. Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt, der ausgebaut werden soll, sind Analysen zur psychotherapeutischen Versorgungslage in Ostdeutschland. Für die Auswertung der vorhandenen sowie für die Erhebung neuer Daten werden dem Forschungsausschuss 20.000 € zugesprochen. Hier geht es um eine Argumentationsbasis für die Zukunft der Psychotherapie in Ostdeutschland. Insgesamt ist der Haushaltsplan wieder sehr stark abgesichert, so sind z. B. für Ausfallrisiken des 1. Ostdeutschen Psychotherapeutentages 38.000 € eingestellt. Für möglicherweise anfallende Übergangsgelder bei Vorstandswechsel sind 17.500 € vorbehalten. Diese und andere veranschlagte Ausgaben werden wahrscheinlich nicht in dieser Höhe anfallen, so dass am Ende des Jahres 2011 wieder ein Überschuss entstehen dürfte. Auch die Präsidentin war der Meinung, im nächsten Haushalt sollten dann diese und andere Einsparpotentiale gesucht werden. Aktuell wollte man dem Handlungsspielraum des künftigen Vorstands keine Spar-Fesseln anlegen. Der Haushalt wurde einstimmig angenommen.

Das war dann eine logische Vorgabe für den nächsten einstimmigen Beschluss der Delegierten, die Mitgliedsbeiträge unverändert zu lassen. Letztlich präferierten die Delegierten eindeutig eine politisch aktive Kammer, und das kostet eben mehr Geld als eine sich rein auf die staatlich aufgetragenen Selbstverwaltungspflichten beschränkende Kammer.

Einen schönen Vortrag hielt anschließend Dr. Andrea Benecke über Psychodiabetologie, die bei ihrer rheinland-pfälzischen Kammer als Weiterbildungstitel zertifiziert wird. Sie erläuterte uns die Parallelen von Hypoglykämie und Depression sowie die von Hyperglykämie und Ängsten und Entzugssyndromen. Es wurde klar, was auf uns zurollt, wenn die Adipositasprävention nicht verbessert wird. Neben den „üblichen Verdächtigen“ - Psychoedukation, Selbstmanagement, Bewältigung chronischer Krankheiten - war spezifisch interessant, dass bei Hypoglykämie-Angstkonfrontationsübungen das Therapieziel nicht wie üblich Habituation, sondern emotionales Coping in der Krisen-Anspannung sein sollte.

Interessant und instruktiv war der Abendvortrag auch für uns normale Feld-, Wald- und Wiesen-PsychotherapeutInnen allemal, man bekam richtig Lust auf eine etwas längere Fortbildungseinheit zum Thema. Aber ob man außerhalb einer universitären Spezialambulanz wirklich einen ganzen Weiterbildungstitel dazu braucht?

Am Samstag ging es weiter mit unserem taufrischen Versorgungswerk (VW). Bislang sind erst 236 OPK-Angehörige dort Mitglied geworden, also weniger als 10% der Kammermitglieder. Das ist aber normal, ein VW füllt sich erst allmählich. Eventuell missverständlich war allerdings, dass auf dem Anschreiben des VW ein Steuerberater-VW-Stempel prangte. Nun ist zu befürchten, dass einige unserer werten KollegInnen die ganze Sendung als Werbung missdeutend, sie postwendend ungeöffnet in den Papierkorb warfen!

Für die unter 40-Jährigen des Gründungsbestands könnte dies eine größere Überraschung zur Folge haben: Ab dem 1.1.2011 wären sie automatisch Mitglied im VW. Für das vergangene halbe Jahr seit der VW-Gründung würden 3283,50 € Nachzahlung von ihnen verlangt, weiter müssten sie monatlich den Regelpflichtbeitrag zahlen (547,25 €), außer sie weisen Angestelltentätigkeit oder niedrige Einkünfte nach. Ihre Möglichkeit, sich bis zum 31.12. 2010 vollständig von der VW-Mitgliedschaft zu befreien, hätten diese Leute aber ein für alle Mal verpasst!

Anders herum liegt der Fall bei den über 40- bis 62-Jährigen: Sie können nur bis zum 31.12.2010 ihre Mitgliedschaft im VW beantragen. Wenn sie das verpassen, kommen sie nicht mehr rein. Von den 143 40- bis 62-Jährigen, die sich bis Oktober bereits angemeldet hatten, hatten 131 die nur ihnen offenstehende bequeme Wahloption eines Mindestpflichtbeitrags von 1/10 gewählt. Fast alle davon haben sich von dieser niedrigen Basis aus für freiwillige Zusatzbeiträge entschieden (bis zu 14/10).

Ob man als Gründungsbestand ins VW ‚rein will oder raus’ möchte, diese freie Entscheidung sollte man gründlich abwägen und nicht einfach verpennen! Der Ärger über eine verpasste Chance sollte möglichst vermieden werden, also fragen Sie als OPKler doch bitte mal ihre Berufskollegen, ob sie dies mitgekriegt haben!

Wenn auch nur für einen Deutschen Psychotherapeutentag, so standen aber doch die Nachwahl einer sächsischen Kollegin als BPtK-Delegierte an. Frau Dr. Wonneberger wurde gewählt, ihr Stellvertreter wurde dann Prof. Hoyer. In den KJP-Ausschuss rückte für den verzogenen Michael Stein Dr. Bürgel nach.

Für den Aus-, Fort-, Weiterbildungs- und Qualitätssicherungs-Ausschuss berichtete Dr. Guthke von mittlerweile 420 akkreditierten Einzelfortbildungsveranstaltungen sowie 72 akkreditierten Veranstaltern, 229 gemeldeten kollegialen Kleingruppen, 132 (von 157) anerkannten Fortbildungs-Supervisoren. Auf der OPK-Homepage findet man den Fortbildungs-Kalender. Mit der Schaffung einer Online-Akkreditierung und -Zertifizierung sei man allerdings nicht vorangekommen. Entwicklungsbedarf sah Dr. Guthke auch im Bereich der Weiterbildungsordnung. Der Antrag des Ausschusses, für das KV-Fortbildungszertifikat künftig Punkte aus mindestens drei der sieben Fortbildungsarten zu verlangen (bisher ist das frei wählbar), wurde nach der Diskussion zurückgezogen, als sich abzeichnete, dass der Vorstand und einige Delegierte dieser alles komplizierter machenden Verschärfung nicht zustimmen würden. Die Präsidentin riet, stattdessen besser bei der Akkreditierung fragwürdiger Einzelveranstaltungen restriktiver zu werden, zum Beispiel bei der Hippotherapie.

Wolfgang Pilz berichtete für den KJP-Ausschuss vom vorbildhaften Magdeburger Netzwerk für Kinderschutz: Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie sollte ein diskretes und schützendes Angebot sein. Hier läge eine Möglichkeit zur Spezialisierung für Traumatherapeuten.

Dr. Peikert berichtete für den Forschungsausschuss über die erste Veröffentlichung der Versorgungs-Befragung, welche 2011 im Psychotherapeuten-Journal erscheint, ein guter Abschluss dieses ersten Projekts. Weitere Auswertungen dieser vorhandenen Daten sowie ein neues Versorgungforschungsprojekt (Patienten-Befragung) sind für 2011 geplant. Des Weiteren will der Ausschuss auf dem 1. Ostdeutschen Psychotherapeutentag einen Workshop anbieten.

Ein neues Element der Delegiertenversammlung waren kurze Berichte von Beauftragten für einzelne Länderbeiräte, Kommissionen oder Arbeitsgruppen. Der Forensik-Beauftrage Dr. Dauer schilderte eine starke Nachfrage für die Fortbildung zur Sachverständigen-Tätigkeit. Eine Fachkommission der OPK habe sich bereits konstituiert. Die Sachverständigenliste enthalte bereits 20 nach den Übergangsregeln Anerkannte.

Zur Bundespsychotherapeutenkammer berichtete unsere, auch dort im Vorstand sitzende Präsidentin Andrea Mrazek z.B. von der Vertagung des Vorhabens, Kammerregelungen für die Zusatzqualifikation Zweitverfahren zu etablieren. Aus dem KJP-Ausschuss auf Bundesebene berichtete Frank Massow, dass zum Thema „Reform der Ausbildung“ dort sehr unterschiedliche Positionen noch gegeneinander stünden.

Anschließend wurden den Delegierten die neuesten Positionierungen der Bundeskammer zur “Reform der Ausbildung“ nahegebracht. Die erläuterte in bewährter Manier die wissenschaftliche Referentin, Frau Dittrich. Anhand des BPtK-Diskussionsentwurfs (23.9.) für deren Workshop zur ‚Zukunft der Ausbildung‘ schilderte sie die BPtK-Vorschläge zur Konkretisierung der

  1. Eingangsqualifikation:
    Sollen künftig mehr als 30 ECTS nachgeholt werden können?
  2. Staatsprüfungen zur Approbation:
    Vor Ausbildungsstart?: Zentrale schriftliche Prüfung zwecks vorläufiger Behandlungserlaubnis?
    Am Ausbildungsende: 2. Staatsprüfung im Schwerpunkt Erwachsenen / KiJu
  3. Praktischen Ausbildung:
    Sechs Monate schon im Studium sowie weitere zwölf Monate?
    Weitere Kriterien?: 600h Psychiatrie / 700h ambulant / 900h im Schwerpunkt?

Mit Curriculum und definierten Zielen?: Fachliche, personale und Beziehungs-Kompetenz?

4. Übergangsregelungen.

Dazu machte Vorstand Dr. Peikert in Hinblick auf den nächsten Deutschen Psychotherapeutentag erste konstruktive Verbesserungsvorschläge. Er betonte noch mal als strategisches Oberziel die Verankerung des akademischen Heilberufs für die Behandlung psychisch kranker Menschen auf Facharztniveau. Hierfür komme der künftig zu erweiternden praktischen Ausbildung (PA) eine Schlüsselrolle zu. Der BPtK-Diskussionsentwurf impliziere aber auch mehr Supervisionsstunden und erfordere eine Vergütung der PiAs in allen PA-Abschnitten. Einfacher zu realisieren wäre dies, wenn auch Tageskliniken, Psychosomatische Kliniken u.ä. als Behandlungseinrichtungen für die praktische Ausbildung zugelassen würden. Er empfahl kürzere, aber mindestens dreimonatige Abschnitte zu ermöglichen.

In unserer Diskussion zur Umsetzung der Vorschläge wurden etliche weitere praktische Schwierigkeiten deutlich. Die Abhängigkeit von den ärztlichen Weiterbildungsberechtigten würde zunehmen, wenn man die praktische Ausbildung in die Psychiatrie ausdehnt. Auch die Etablierung der dann curricular dort nötigen inhaltlichen Ausbildungsveranstaltungen sowie deren Qualitätssicherung lägen in fremden, ärztlichen Händen mit nicht absehbaren Konsequenzen.

Wäre der Aufwand für die Kliniken nicht viel zu hoch? Schon heute nähmen viele nur PiAs, die ein ganzes Jahr bleiben. Drei-Monats-Abschnitte seien zudem für die praktische Ausbildung in echter Psychotherapie (nicht nur für Tiefenpsychologen) zu kurz. Zudem fehlten jegliche Belege, dass die Institutionen mehr als die bisherige ‚praktische Tätigkeit‘ in der nötigen Qualität durchgängig bieten können. Außerdem sei unklar, ob sich die Ausbildungsambulanzen der Ausbildungsinstitute dann noch wirtschaftlich betreiben lassen. Und an wem werden letztlich die Kosten des erhöhten Supervisionsaufwands hängenbleiben - wenn‘s in den Kliniken überhaupt genug geeignete SupervisorInnen gibt …)

Die avisierte Schaffung eines für Pädagogen wie Psychologen einheitlichen psychotherapeutischen Grundberufs erfordere, dass in allen Vorschriften nicht weiter von „Erkrankung behandeln“ gesprochen werden sollte, was Entwicklungsstörungen einfach nicht gerecht wird und behandelnde Institutionen bislang ausschließt. Wo aber sonst kann man diese Störungen institutionell behandeln erlernen, wie es diese neue curriculare praktische Ausbildung der BPtK fordern würde?

Ähnliche Bedenken richteten sich gegen die neue Idee, ein schon während des Studiums abzuleistendes sechsmonatiges Praktikum zu Ausbildungsbeginn zu fordern. Soll dies erst in jede einzelne Studienordnung aller entsprechenden Master-Studiengänge oder wird dies ein Privatvergnügen der Studierenden (Urlaubssemester)? Ohne Berufsabschluss wäre dies unqualifizierter als die bisherige praktische Tätigkeit, garantiert unbezahlt und wahrscheinlich für Kliniken uninteressant.

Die Phantasien der Diskutanten endeten dann aber noch vor der bangen Frage, ob eine Staatsprüfung vor Ausbildungsbeginn wie bei den Juristen privat zu zahlende Repetitorien hervorbringen könnte.

Herr Pabel stimmte uns mit einem bebilderten Rückblick schließlich meisterlich auf das Ende der ersten vierjährigen Kammerperiode der OPK ein. Das verband er mit der Hoffnung, dass mit dem Älter- und Reifer werden ein Zuwachs an Handlungsautonomie für die einzelnen Länder-Delegierten unter dem nächsten Vorstand kommen möge. Zur bleibenden Erinnerung bekam jeder Delegierte
dann eine Mappe mit Dankesurkunde und einem USB-Stick. Versöhnlich und ein wenig feierlich nahm man Abschied voneinander, mancher sicher in der Hoffnung, wiedergewählt auch in der nächsten Kammerversammlung dabei zu sein.

Jürgen Friedrich


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