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Spielsucht wird zunehmen - DGVT kritisiert Glücksspielstaatsvertrag

Die Zahl der Spielsüchtigen wird sprunghaft ansteigen. Mit dieser düsteren Prognose reagiert die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V. (DGVT) auf die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. April in Berlin, den Glücksspielmarkt zu „liberalisieren“.


„Anstatt die ohnehin undurchsichtige Glücksspielszene durch vernünftige Regelungen einzudämmen, wird der Markt für private Anbieter geöffnet“, kritisiert der Verband. Die Ministerpräsidenten haben die große Chance vertan, die grassierende Spielsucht in Deutschland wirkungsvoll zu bekämpfen.

Alle Experten sind sich einig, dass Glücksspiele ein enormes Suchtpotenzial aufweisen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, geht von rund 400.000 Spielsüchtigen bundesweit aus. Mit der Spielsucht sind großes individuelles Leid, soziale Isolation, gravierende wirtschaftliche Probleme und nicht selten ein Abrutschen in die Kriminalität verbunden.

Um Suchtgefahren wirksam zu vermeiden, muss der Zugang zu Glückspielen aller Art eingeschränkt werden, fordert die DGVT. Ein Vergleich mit der Schweiz beispielsweise zeigt, dass sich bei entsprechenden gesetzlichen Vorgaben die Inanspruchnahme von Glücksspielen deutlich reduzieren lässt. Aus diesen Gründen ist es absolut unverständlich, dass die Ministerpräsidenten einer Öffnung des Glücksspielmarktes zugestimmt haben.

Psychotherapeuten können spielsüchtigen Patienten zwar helfen, im Vordergrund muss aber die Prävention stehen: Das Ziel muss immer sein, diese schwere Störung gar nicht erst entstehen zu lassen. Offenbar ist aber die Aussicht auf viele Millionen Steuereinnahmen durch die Glücksspiele so attraktiv, dass übersehen wurde, die Gegenrechnung aufzumachen: Die Therapiekosten für die Spielsüchtigen werden enorm ansteigen und den Sozialstaat entsprechend belasten.

Möglicherweise ist noch nicht alles verloren: Der „Glücksspielstaatsvertragsentwurf“, wie das Papier offiziell heißt, dem die Ministerpräsidenten jetzt zugestimmt haben, passiert nun verschiedene juristische Instanzen. Zunächst wandert es zur EU-Kommission (vom Europäischen Gerichtshof war nämlich die Neufassung des Gesetzes angemahnt worden), dann gibt es eine ergänzende Anhörung. Wenn keine „erheblichen Einwände“ kommen, wird der Entwurf von den Regierungschefs unterzeichnet und kann anschließend in die Länderparlamente zur Abstimmung gehen.

Die DGVT hat sich in den vergangenen Monaten bereits mehrfach in die Diskussion um den Glücksspielsstaatsvertrag eingemischt. Das neue Gesetz sollte in erster Linie der Vermeidung von Suchtgefahren dienen, wurde in der Rosa Beilage 4/2010 gefordert. Anfang des Jahres nahm Drogenbeauftragte Dyckmans die Spielautomaten und die Spielhallen ins Visier – eine Initiative, die von der DGVT begrüßt wurde.

 

Glücksspielsucht: Neues Gesetz soll Prävention verbessern

Gegenwind für Glücksspielbranche


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