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PsychotherapeutInnen zum Billigtarif – DGVT fordert angemessene Bezahlung

Am Mittwoch, 8. Juni, sind Protestaktionen der PsychotherapeutInnen in Ausbildung in Berlin geplant. Die DGVT unterstützt ihre Forderung nach angemessener Bezahlung.


Stellungnahme zum Protesttag „Psychotherapeuten in Ausbeutung“ in Berlin am 8. Juni 2011

Die PsychotherapeutInnen in Ausbildung (PiA) verstehen sich oftmals eher als „PsychotherapeutInnen in Ausbeutung“. Aus diesem Grund haben sie für Mittwoch, 8. Juni, Protestaktionen in Berlin geplant. Die DGVT unterstützt seit vielen Jahren die Forderungen der PiA nach angemessener Bezahlung für den Ausbildungsbaustein „Praktische Tätigkeit“ in einer psychiatrischen oder psychosomatischen Klinik.

Das lang erkämpfte Psychotherapeutengesetz von 1999 war für die Profession insgesamt zwar ein großer Schritt nach vorne. Ob und wie die eineinhalb Jahre dauernde Praktische Tätigkeit im Rahmen der postgradualen Ausbildung vergütet wird, wurde allerdings nicht festgeschrieben. Infolgedessen handhaben die Kliniken die Bezahlung sehr unterschiedlich: Im Durchschnitt erhalten die PiA 500 Euro im Monat, hat ein Forschungsgutachten ergeben, das das Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben hatte. Gut die Hälfte der derzeit rund 8.000 PiA – zu 80 Prozent übrigens Frauen – arbeitet jedoch zum Nulltarif.

Ein Zustand, der aus Sicht der DGVT aus mehreren Gründen unhaltbar ist. Denn die PiA sind als HochschulabsolventInnen bereits qualifizierte Kräfte, die eigentlich Anspruch auf eine angemessene Bezahlung hätten. Dass sie es mit gut ausgebildeten und motivierten jungen Leuten zu tun haben, wissen die Kliniken und setzen die PiA deshalb nicht selten als vollwertige Arbeitskräfte ein. Darüber hinaus ist der psychotherapeutische Nachwuchs durch die hohen Ausbildungskosten, die selbst getragen werden müssen, ohnehin finanziell stark belastet.

Dringender Handlungsbedarf besteht nach Ansicht der DGVT außerdem bei der Ausbildung zum/zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/in bzw. bei der Zulassungsvoraussetzung zur Ausbildung. Seit der Einführung von Bachelor und Master gibt es keine bundesweit einheitliche Regelung mehr, welchen Abschluss ein/e Interessent/in vorweisen muss. Die DGVT vertritt die Auffassung, dass aus Gründen der Qualitätssicherung nur der Master als Zugangsvoraussetzung akzeptiert werden kann. Auch diese Gesetzeslücke betrifft die Nachwuchs-TherapeutInnen, die mit unterschiedlichen Handlungsweisen konfrontiert sind, je nach dem, in welchem Bundesland sie sich befinden oder an welches Ausbildungsinstitut sie sich wenden.

Eine komplette Reform des Psychotherapeutengesetzes wäre zwar angesagt, doch da das Bundesgesundheitsministerium im Moment kein Interesse an einer grundlegenden Reform zeigt, sollten wenigstens die dringlichsten Änderungen in einem raschen Artikelgesetz untergebracht werden. Angesichts des hohen Bedarfs an PsychotherapeutInnen – Depression ist mittlerweile die Volkskrankheit Nummer eins – hat die Politik eigentlich keine Zeit mehr zu verlieren.


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