< vorheriger Artikel

Expertenkreis „Psychiatrie“ in Bayern tagte zum zweiten Mal

Ministerium und Landtag soll zugearbeitet werden.


Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit hat am 29. Juni zum zweiten Treffen des Expertenkreises „Psychiatrie“ eingeladen. Der Hintergrund für die Einrichtung dieses Expertenkreises ist, dass ein Gremium geschaffen werden sollte, das dem Ministerium bzw. seinen Abteilungen und letztendlich dem Landtag zuarbeiten soll.

Der Expertenkreis hat sich selbst das folgende Leitbild gegeben: Er „basiert auf Nachhaltigkeit und steht grundsätzlich allen Akteuren der psychiatrisch/psycho-therapeutischen Versorgung und Forschung offen. Er ist in Bayern die erste Vernetzungs-, Informations- und Koordinations-plattform für alle Akteure des psychiatrisch/psychotherapeutischen Hilfssystems und berät mit seinem Sachverstand die politischen Entscheidungsträger in der Staatsregierung“.

Ein in den ersten beiden Sitzungen festgelegtes Ziel besteht darin, „den Akteuren des Hilfssystems“ die Möglichkeit zur Optimierung ihrer Schnittstellen und Vernetzungsstrukturen zu bieten. Das Staatsministerium unterstützt sie dabei moderierend unter Beachtung gesetzlich vorgegebener Zuständigkeiten. Deshalb nimmt auch immer eine Person aus dem Justizministerium teil.

Die Zeit wird zeigen, in wieweit der Expertenkreis diesem Anspruch gerecht werden kann. Grundsätzlich erscheint es ja sehr sinnvoll, dass fachlich qualifizierte Personen zur Beratung der Politik hinzugezogen werden. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass ein solches Gremium entsprechend besetzt ist. Bei den ersten beiden Treffen waren sicherlich die relevanten Gruppen, also Vertreter der Professionen (Ärzte, Psychotherapeuten), der Betroffenen und Angehörigen, der Wohlfahrtsverbände, aber auch der staatlichen Stellen wie der Bezirke und der Jugendämter vertreten. Dennoch bleibt bei mir der Eindruck, dass die Gruppe der Klinikleiter zahlenmäßig stärker vertreten war als andere.

Hier wird in Zukunft zu beobachten sein, ob durch diese Zusammensetzung nicht Partialinteressen in den Vordergrund rücken, denn unter Umständen haben Klinikleitungen Interessen, die sich deutlich von denen der anderen beteiligten Gruppen unterscheiden - ich denke hier vor allem an finanzielle Interessen. Ziel muss es meiner Meinung nach sein, dass das Gesamtprojekt einer besseren Versorgung natürlich nicht solch vordergründigen Interessen zum Opfer fallen darf. Auch die Nachhaltigkeit von Behandlungen muss im Mittelpunkt stehen und hier gilt es natürlich darauf zu achten, ob die Erfolge nicht nur kurzfristig zu finden, sondern auch in drei- oder fünfjährigen Katamnesen nachweisbar sind.

Um die Arbeit sicherzustellen, wurden von Seiten des Ministeriums bisher zwei Sachbearbeiterstellen geschaffen, die dem Kreis zuarbeiten. Da es sich um einen recht großen Kreis handelt, wurden neben dem Plenum eine Steuergruppe installiert sowie weitere Arbeitsgruppen. Die bereits gebildeten Arbeitsgruppen unterteilen sich gegebenenfalls wieder in Untergruppen, die spezifische Fragestellungen bearbeiten.

Bisher existieren die Arbeitsgruppen

  • Demenz
  • Integrierende Versorgung
  • Freiheitsentziehende Maßnahmen

Ich selbst bin Mitglied in den Arbeitsgruppen „Integrierende Versorgung“, hier in der Untergruppe Kinder und Jugendliche, sowie in der Arbeitsgruppe „Freiheitsentziehende Maßnahmen“. Letztere wurde gegründet, weil dieses Thema gerade in Bayern von hoher Brisanz ist, denn in keinem anderen Bundesland werden diese Maßnahmen nach § 1906 BGB so oft angeordnet. Hier sollen Hintergründe, aber auch Veränderungsmöglichkeiten erörtert werden. Natürlich wird der Arbeitskreis sich auch mit allen anderen, auf den ersten Blick weniger einschneidenden Maßnahmen wie Fixierung oder ähnlichem auseinandersetzen und versuchen neue Strukturen und Regeln zu fassen.

Die zweite Arbeitsgruppe hat ganz gezielt den Namen „Integrierende Versorgung“ erhalten, da es darum gehen wird, die in der medizinischen Versorgung leider immer noch vorhandene Sektorisierung so weit wie möglich aufzulösen, was mit den bisherigen Modellen der „Integrierten Versorgung“ leider nicht wirklich der Fall ist. Ich habe mich für den Unterausschuss „Kinder und Jugendliche“ gemeldet, da bei dieser Klientel ja zusätzlich noch die Jugendhilfe mitbeteiligt ist und die Reibungsflächen hier noch weitaus größer sind als im Erwachsenenbereich. Daraus lässt sich unschwer ableiten, dass die Probleme für die Betroffenen durch diese Aufsplittung häufig nicht geringer werden und unnötigerweise Leiden verlängert wird.

Wie bereits gesagt: Grundsätzlich eine gute Einrichtung. Es bleibt aber abzuwarten, ob die gute Idee nicht letztendlich in der Weite der politischen Bühne verkümmert oder ob es tatsächlich zu positiven Veränderungen kommen wird.

Rudi Merod
Geschäftsführender Vorstand der DGVT


Zurück