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Bericht der Landesgruppe Rheinland-Pfalz (Rosa Beilage zur VPP 3/2011)


Aus der Kammer

In den vergangenen Monaten beschäftigte sich der Vorstand der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz vor allem mit der Bedarfsplanung, die „ eine „Verbesserung der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung“ gewährleisten soll. Sollte der gegenwärtige Entwurf des Versorgungsstrukturgesetzes allerdings verabschiedet werden, ist – im Gegenteil – mit einer massiven Verschlechterung der psychotherapeutischen Versorgung zu rechnen.

Schon im März stellten Kammer-Präsident Alfred Kappauf und -Vizepräsidentin Dr. Andrea Benecke in einem Gespräch mit der Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen, Malu Dreyer, Zahlen zur psychotherapeutischen Versorgung in Rheinland-Pfalz dar. Die Ministerin zeigte sich bestürzt über diese Daten, die dankenswerterweise von der Bundespsychotherapeutenkammer berechnet und zur Verfügung gestellt worden waren. Sie wusste zwar aus eigener Erfahrung (mehrere Wähler aus ihrem Wahlkreis hatten sie bei der Suche nach einem Therapeuten um Hilfe gebeten, doch auch ihr Engagement führte nicht zu einem schnelleren Therapiebeginn), dass die Wartezeiten sehr lang sind. Dass Rheinland-Pfalz aber das psychotherapeutisch am schlechtesten versorgte alte Bundesland ist, war ihr noch nicht bekannt. Prekär wird dieser Umstand auch durch eine weitere Aussage: In Rheinland-Pfalz werden mehr Psychopharmaka verschrieben als in anderen Bundesländern, und das Land hat die zweithöchste Antidepressiva-Verord­nungsquote (TK-Dossier 2010).

Hier einige Eckpunkte, die die Versorgung in Rheinland-Pfalz kennzeichnen:

  • Die durch psychische Erkrankungen verursachten Fehlzeiten liegen über dem Bundesdurchschnitt. Dies erklärt sich mit höheren Fehltagen durch eine psychische Erkrankung (AU-Zeiten) und auch mit mehr AU-Fällen insgesamt.
  • Nach einer ersten Auswertung warten Patienten im Schnitt noch zehn Tage länger auf ein Erstgespräch beim Psychotherapeuten als im Bundesdurchschnitt (12,5 Wochen)
  • In 24 der 27 Planungsbereiche ist die Psychotherapeuten-Dichte geringer als im Bundesdurchschnitt.
  • Die Spreizung bei der Psychotherapeuten-Einwohner-Relation zwischen den Planungsbereichen beträgt in Rheinland-Pfalz 10,7, bundesweit liegt diese Relation bei nur 6,2.

Ein eklatantes Beispiel: Der Kreis Bitburg-Prüm, ein dünn besiedelter Flächenkreis, weist im Moment einen rechnerischen Versorgungsgrad von 317% aus, obwohl hier mit elf Psychotherapeuten weniger als halb so viele je 100.000 Einwohner zugelassen sind als im Bundesdurchschnitt für vergleichbar dünn besiedelte Regionen. Die Ministerin versprach, die Zahlen genau zu prüfen.

Einig waren sich alle Gesprächsteilnehmer, dass die Berechnung der Sitze nicht nachvollziehbar und dass einer Unter- und Fehlversorgung entgegenzuwirken sei. Gerade durch die stark ländliche Prägung des Landes ergibt sich eine gravierende Spreizung in der Anzahl der Praxissitze und eine unzureichende Versorgung insbesondere in den ländlichen Gebieten. Der Vorstand der LPK warb angesichts der jetzt schon vielerorts mangelhaften Versorgung und der steigenden epidemiologischen Daten bei psychischen Erkrankungen dafür, den jetzigen Ist-Zustand zum Soll-Zustand zu erklären, womit das Stadt-Land-Gefälle etwas ausgeglichen werden könnte und keine Praxissitze gestrichen werden könnten.

Inzwischen liegt ein Entwurf des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vor, der in der jetzigen Form für Rheinland-Pfalz eine Streichung von 163 der 765,5 ambulanten Psychotherapie-Kassen-Sitze bedeuten würde! Hier wäre auch wieder der oben schon genannte Planungsbereich Bitburg-Prüm betroffen. Durch die rechnerische angebliche Überversorgung würde die KV ermächtigt, von den derzeitigen elf Sitzen sechs abzubauen. Die meisten Sitze wären in Mainz (31 von 99) und Trier/Trier-Saarburg (26 von 53,5) bedroht. Nur sieben Planungsbereiche könnten vor einem Abbau sicher sein (Altenkirchen, Birkenfeld, Cochem-Zell, Donnersbergkreis, Kaiserslautern Stadt und Kreis sowie der Westerwaldkreis).

Dies wurde zum Anlass genommen, alle Landtags- und Bundestagsabgeordneten anzuschreiben und ihnen die Auswirkungen des jetzigen Entwurfs für ihren Wahlkreis darzustellen. Der Vorstand wird weiter im Gespräch mit dem Ministerium bleiben und weitere Bündnispartner suchen, um die Umsetzung des Gesetzes in der jetzigen Fassung zu verhindern.

Wahl der Vertreterversammlung

Und noch ein wichtiger Hinweis: Im Januar 2012 wird die neue Vertreterversammlung der Landespsychotherapeutenkammer gewählt! Wir wollen weiter Einfluss nehmen auf die Berufspolitik unseres Landes und suchen MitstreiterInnen, die sich zur Wahl zur Verfügung stellen oder den Wahlkampf unterstützen. Wenn Sie Interesse haben, sich bei der Wahl zu beteiligen, melden Sie sich bitte bei den Landessprecherinnen (rheinland-pfalz@dgvt.de). Wir freuen uns über jegliche Beteiligung und insbesondere über KandidatInnen.

Andrea Benecke und Sabine Maur


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