Sie haben ADHS: Neun Jungen im Alter von elf Jahren, die zusammen mit ihrer Lehrerin ein Buch über ihre Erkrankung geschrieben haben. Sie erzählen darin, mit welchen Schwierigkeiten sie kämpfen, wie sie mit Wut umgehen – und was sie sich wünschen würden, gäbe es die Zauberfee doch. Wir möchten einen von ihnen vorstellen, nämlich Sascha*.
Was denkst du, warum bist du an einer Spezialschule?
Ich bin auf dieser Schule, weil ich ADHS habe. Ich komme hier besser mit den Lehrern aus. Sie sind etwas geduldiger als auf einer normalen Schule. ... Ich komme auch besser mit den Kindern in meiner Klasse aus, und wenn jemand mal Hilfe braucht, dann helfen wir uns gegenseitig.
Warst du schon einmal in einer Klinik?
Ich war in Bernburg, weil ich einen Lehrer in meiner Schule getreten habe. Der erste Tag dort war die Hölle, ich musste die ganze Zeit weinen, weil ich meine Eltern vermisst habe. Ich habe mich mit niemandem dort verstanden, ich wäre lieber zu Hause, als dort meine Zeit abzusitzen. ... Ich habe da zwar Hilfe bekommen, aber sie hat nichts gebracht. Ich bin immer noch so, wie ich halt bin. Man musste sich Punkte erarbeiten. Wenn man die Angaben von Punkten nicht geschafft hat, dann durften wir nicht nach Hause. Das fand ich doof.
Was passiert, wenn du wütend wirst?
Wenn ich ausraste, dann haue ich alles kaputt. Es ist ein ungutes Gefühl, und man kann einfach nicht mehr aufhören, auf denjenigen einzudreschen, bis man seine ganze Wut ausgelassen hat und der andere weinend am Boden liegt und vielleicht noch verletzt ist. Und hinterher ist man doch schuldbewusst und will ihm helfen.
Was macht dich wütend und wie kommst du wieder runter?
Wenn ich unruhig werde, dann bringt mich auf die Palme, wenn man mich noch dumm macht. Dann sehe ich Rot und schlag wahllos auf denjenigen ein. Wenn er auf dem Boden liegt, schlag ich trotzdem weiter auf ihn ein. Ich kann mich dann nicht mehr kontrollieren, das muss ich noch an mir ändern. Wie werde ich ruhiger? Schwimmen und wenn wir Sport gehabt haben.
Gibt es etwas, was du bereust?
Ich bereue, dass ich manchmal Leute in der Schule verprügelt habe. Und dass ich meine Mutti immer angeschrien habe, wenn wir uns gestritten haben und alles kaputt geschlagen habe ...
Wenn es eine Zauberfee gäbe ...
Ich möchte gerne mal ein richtiger Atze sein und einfach richtig schön sein und richtig beliebt sein, ein Frauenheld und ein richtiger Gentleman sein. So richtig begehrt werden und ganz, ganz viel Geld haben und Stuntman werden. Und wenn ich eine Frau hab, die soll richtig sexy sein, aber auch gut kochen können und auch dass man einfach mal zusammen reden kann, über Probleme. Ich möchte gerne mal drei Kinder haben, die richtig gut sind in Fußball.
Einfach mal sehen, was die Zeit für Höhen und Tiefen bringen wird, einfach nach vorne schauen.
... das letzte Wort?
Das Buch zu schreiben, hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich habe es auch nur geschrieben, weil andere Kinder auf dieser Welt lesen können, wie es uns mit unserer ADHS-Krankheit geht ... Es ist nicht schlimm, diese Krankheit zu haben, es ist manchmal sogar besser damit zu leben.
* Name von den Herausgebern geändert
Das Buch „ADHS? AufmerksamkeitsDefizitHyperaktivitätsStörung. Ein Buch von Kindern“, herausgegeben von Katja Heinrich und Jörg Letzel, ist im Militzke Verlag erschienen (ISBN 978-3-86189-839-9, 56 S., 10 Euro). Wir danken dem Verlag für die Abdruckgenehmigung!
[1]Quelle:Dr. med. Mabuse, Ausgabe 193 – September/Oktober 2011, 36. Jg.; Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion