Vom 30. September bis zum 1. Oktober fand in der Fachwerkstadt Quedlinburg die zweite Sitzung der zweiten Kammerversammlung der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer (OPK) statt. Das politische Grußwort des gastgebenden Landes Sachsen-Anhalt kam von Dr. Dr. Reinhard Nehring, Abteilungsleiter für Gesundheit und Verbraucherschutz im Ministerium für Arbeit und Soziales. Er legte die Position seines Ministeriums zum Versorgungsstrukturgesetz dar, die v.a. im Punkt der Bedarfsplanung der des Bundesgesundheitsministeriums widerspricht. Nehring erklärte, dass die Bundesregierung die feste Absicht habe, dieses Gesetz in der bekannten Form umzusetzen. Wichtig wäre ihm dagegen künftig eine stärkere Verzahnung des stationären und ambulanten Versorgungsbereiches.
Darüber hinaus berichtete er von großer Einigkeit in den Bundesländern in der Frage des Master-Abschlusses als Zugangsvoraussetzung für Psychologische Psychotherapeuten, jedoch diesbezüglicher Uneinigkeit hinsichtlich der Ausbildung zum KJP.
Rechenschaftsbericht der OPK
Der Prüfbericht der Steuerberatungskanzlei BTK aus Halle ergab keinerlei Beanstandungen. Durch einen Überschuss von 205.069 € sprengt unsere Rücklage mit 1.066.152 € bereits die Millionengrenze. Ein interessantes Detail sei erwähnt: Auch die Einnahmen aus den kammereigenen Fortbildungsveranstaltungen sind steuerfrei. OPK-Geschäftsführer Carsten Jacknau berichtete, dass auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein aus Dresden keine Einwendungen hatte und einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilte.
Den Prüfbericht des OPK-Finanzausschusses konnte Ragna Richter (Mecklenburg-Vorpommern) mit der Feststellung zusammenfassen, alles sei satzungskonform und wirtschaftsrechtlich einwandfrei, die Entlastung des Vorstandes sei empfohlen. Diese erfolgte dann per Abstimmung ohne Gegenstimme bei drei Enthaltungen aus den Reihen des Vorstandes selber.
Zum Ostdeutschen Psychotherapeutentag: Trotz ca. 74.000 € Teilnehmergebühren ergab sich ein Verlust von ca. 17.500 €, der Frühbucherrabatt sei viel stärker als erwartet genutzt worden. Die TeilnehmerInnen lobten den OPT in den Rückmeldebögen größtenteils, nur 5% fanden die Veranstaltung nicht gut bzw. wünschten keine Wiederholung.
Neue Fachreferentin für rechtliche Angelegenheiten bei der Kammer ist Ina Roßmann.
Die berufspolitischen Aktivitäten konzentrierten sich 2011 auf den Entwurf des Versorgungsstrukturgesetzes. Hoffen wir, dass sie nicht genauso verpuffen wie die letztjährigen Bemühungen um eine Novelle des Psychotherapeutengesetzes. Bundesweite Hauptforderung unserer Kammern ist die Ablösung der Bedarfsplanungszahlen von 1999 für Niedergelassenen-Sitze durch den aktuellen Ist-Zahlenstand, nachdem man eine morbiditätsbasiert-empirische Bedarfsplanung von vorneherein als aussichtslose Forderung ansehen musste. Aber selbst dies wäre für den Osten eine Fortschreibung strukturell schlechterer ambulanter Versorgung mit Psychotherapie, da selbst nach dem 1999er Zahlenspiel noch nicht mal unsere städtischen Zentren überversorgt sind.
Abbau von Sitzen möglich
Doppelt bitter, dass nach dem Gesetzesentwurf in Ländern wie Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern mit doppelt so langen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz (18 Wochen) wie z.B. in Bayern (9 Wochen) dann sogar noch Sitze einkassiert und stillgelegt werden dürfen. Sowohl das Stadt-Land-Gefälle wie auch der Demografiefaktor sprechen in ihrer jetzt geplanten Ausdeutung gegen den Osten. In Brandenburg z.B. droht ab 2012 ein Abbau von 48 Sitzen, in Sachsen wären 31 Sitze betroffen.
Mit vielen solchen Argumenten versuchen die Kammer-Aktiven derzeit, die PolitikerInnen zu erreichen. Von 70 kontaktierten Bundestagsabgeordneten kam es bislang mit 24 zu einem persönlichen Gespräch, viele hatten keine Zeit. Aus einigen Länderregierungen kamen Änderungsanträge. Die haben aber keine Hebelkraft: Da der Gesetzentwurf die Aus- und Weiterbildungen der Heilberufe tunlichst nicht antastet, bedarf er nicht der Zustimmung des Bundesrates. Das vorausschauende Fazit unserer Präsidentin Andrea Mrazek: Wir brauchen differenzierte eigene Lösungsvorschläge für die ambulanten Versorgungsprobleme der Zukunft. Einfach nur mehr Sitze fordern, wäre zu eindimensional. Immer öfter hört man in diesem Zusammenhang von Wünschen nach einer Flexibilisierung der Psychotherapie-Richtlinien, z.B. nach einfacherer Genehmigung von Gruppenpsychotherapie. Angeregt durch das Ausland dürften die Kassen künftig auf kürzere Therapien drängen. Ohne offizielle Zahlen von den Kassen geht man übrigens von ca. 10% Psychotherapien im Kostenerstattungsverfahren aus, ein weiterer Beleg der realen Unterversorgung und ein Widerspruch zur angeblichen Überversorgung.
Da wendet man sich doch lieber Dingen zu, die eigenen Gestaltungsspielraum bieten, womit wir zum Bericht über die Sachverständigen-Fortbildungen für OPK-Zertifikate kommen. Von deren Grundlagenmodul konnten schon vier ausgebuchte Durchläufe stattfinden, die Spezialisierungsmodule Familienrecht und Kinder- und Jugendhilferecht liefen dreimal. Sorge bereite allerdings, dass zwar 175 Teilnehmer ein Spezialisierungsmodul besuchten, aber nur fünf ein Praxismodul absolvierten, das für die Erlangung des Listeneintrags Bedingung ist. Auch die alteingesessenen Sachverständigen stellten seltener als erwartet Anträge gemäß Übergangsrichtlinie. Alles in allem konnten von der OPK bislang nur an 16 Personen Zertifikate vergeben werden. Dennoch will man schon demnächst erste OPK-Sachverständigenlisten an Gerichte senden.
Die OPK-Qualifizierungsmaßnahmen für Approbierte finden Echo in anderen Ländern: Margitta Wonneberger (Sachsen) berichtete aus den BPtK-Länderrat über Kritik an unserem inhaltlichen Abweichen von der BPtK-Musterordnung. Die Nordrhein-Westfälische Kammer stört das nicht, sie lässt ihre Anträge künftig von unserer Fachkommission prüfen.
Auch schon als Erfolgsstory wurde die jüngst verabschiedete Fortbildungsrichtlinie zum Erwerb des Zertifikats bezeichnet, das einen dann auf die Liste „Vertiefte Psychotraumatherapie (OPK)“ bringt. Ein OPK-eigenes Fortbildungs-Kursangebot gibt es bislang noch nicht. Es lägen aber auch so schon 60 Anträge vor, die die berufene Fachkommission (Ahrens-Eipper, Bürgel, Meyer, Meysel) prüfe.
Geschäftsführer Jacknau berichtete über den aktuellen Mitgliederstand. Ende September 2011 waren wir 2.815 Approbierte, davon sind 61% Niedergelassene. Mecklenburg-Vorpommern z.B. beherbergt 12%, Sachsen 39% unserer Kammermitglieder.
Zur Entschädigungsordnung
Ragna Richter (Mecklenburg-Vorpommern) stellte die (vom Vorstand und vom Finanzausschuss) geplanten Änderungen der Entschädigungsordnung vor. Zwar sinken die Vorstands-Grundpauschalen leicht (für Schriftverkehr, Sprechstunde, Terminevorbereitung, Telefonate/Telefonkonferenzen und Geschäftsstellen-Zusammenarbeit. Doch dafür sollen künftig auch die Vorstände eine stundenweise Entschädigung für alle anderen zeitlichen Inanspruchnahmen erhalten!
Summa summarum rechnet der Haushaltsausschuss dafür mit einem 35%igen Anstieg dieses Ausgabeposten von 160.000 € auf 216.000 €, also um 35%. Ein noch kräftigerer „Schluck aus der Pulle“ ist die Ausdehnung der Übergangsgelder für Vorstandsmitglieder. Bislang waren‘s 70% im ersten, 50% im zweiten und 30% im dritten Folgemonat, künftig 100% ein halbes Jahr lang und ein weiteres halbes Jahr 50%, und zwar von der o. e. Grundpauschale. 3.510 € (Präsidentin, soll eineinhalb Wochenarbeitstagen entsprechen), 2.340 € (Vize, 1 Tag) und 1.170 € (vier Beisitzer, ½ Tag). Auf die Arbeitswoche verlängert entspräche diese Aufwandsentschädigung für ein Ehrenamt einem Monatsumsatz von 11.700 € bzw. einem zu versteuernden Jahresumsatz von 140.400 €, bei wesentlich geringeren Unkosten als sie ein niedergelassener Psychotherapeut hat. Die stundenweise Aufwandsentschädigung für einfache Delegierte und nun auch Vorstände sollte von 40 auf 60 € erhöht werden, also um 33%, pro Haushaltsjahr sind dies ca. 55.000 € mehr.
Die Diskussion der Delegierten über all das war für mich beunruhigend schläfrig. Ich (Jürgen Friedrich) sagte, ich könne und wolle dem nicht zustimmen, aus Verantwortungsgefühl meinen WählerInnen gegenüber. Otto Rendenbach (ebenfalls Mecklenburg-Vorpommern) forderte die Beibehaltung der 40 €, aber die Aufhebung der Neun-Stunden-Grenze, die systematisch die wenigen weit Reisenden benachteilige. Wolfgang Pilz (Sachen-Anhalt) fand die Erhöhung der Vorstandsbezüge für deren viele Arbeit nachvollziehbar, aber eine Aufwandsentschädigung von 60 €/Stunde sei in Anbetracht der niedrigen Ost-Löhne nicht angemessen. Ansonsten äußerte nur noch Angela Gröber (Sachsen) Bauchschmerzen wegen der einjährigen Übergangsgelder, obwohl sie als Finanzausschuss-Mitglied den Antrag miteingebracht hatte.
Uns wurde entgegengehalten, dass der Kammer für 40 € / Stunde die Aktiven ausgehen könnten (bei der Kammerwahl gab es kaum mehr Kandidaten als Delegiertensitze), dass seit 2006 keine Erhöhung erfolgt sei, obwohl zumindest die Niedergelassenen-Stundensätze deutlich anstiegen. Letztlich stimmten 18 Delegierte dafür, drei dagegen und neun enthielten sich. Vielleicht hätte ein Kompromissantrag (50 €/Stunde, ein halbes Jahr Übergangsgelder) eine Mehrheit gefunden, aber nun ist‘s geschehen.
Geschäftsführer Jacknau stellte den Haushaltsplan 2012 vor. Den erwarteten 1.110.000 € Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen stehen als größte Ausgabenposten gegenüber: ca. 375.000 € Personalkosten in der Geschäftsstelle, 216.120 € Vorstands- und 137.580 € Delegierten-Aufwandsentschädi-gungen, 136.800 € Beiträge zur Bundeskammer, ca. 105.000 € Sachkosten in der Geschäftsstelle, 76.000 € für Öffentlichkeitsarbeit, ca. 71.000 € für Rechtsanwälte, Steuerberater u. Wirtschaftsprüfer, 34.000 € für die Finanzierung des Psychotherapeutenjournals, ca. 25.000 Sachkosten der beiden Kammerversammlungen pro Jahr sowie diverse kleinere Posten. Trotz der um über ein Drittel angehobenen Aufwandsentschädigungen der Ehrenamtler werde die Rücklage fürs Folgejahr auf rund 750.000 € steigen (2011: 610.000). Da der Haushaltsentwurf des ja erst unlängst gewählten Vorstandes rechnerisch stimmig ist und den bisherigen Kurs fortsetzt und da erst wenige Minuten zuvor eine Mehrheit für die deutschlandweit höchsten Aufwandsentschädigungen gestimmt hatte, sah kein/e Delegierte/r einen Grund, dem Vorstand seine Arbeitsbasis zu verweigern: Der Haushaltsentwurf wurde einstimmig angenommen.
Da mein Vorschlag (J.F:) abgelehnt worden war, die Festsetzung der Kammerbeiträge vor dem Haushaltsentwurf zu behandeln (in den sie ja bereits in unverminderter Höhe eingearbeitet waren), wundert wohl kaum, dass die nun nachfolgende Abstimmung die Beitragskonstanz für 2012 bei zwei Enthaltungen bestätigte. Unserem Argument, dass Luft für eine Beitragssenkung sei, da die Rücklage doch weiter kräftig steige, wurde entgegnet, man wolle nun erst mal die Folgen der angehobenen Entschädigungen beobachten. Wie schon im Vorjahr wurde jedoch vom Vorstand längerfristig eine Prüfung der Beitragsordnung angekündigt, vor allem wegen der Angestellten. Johannes Pabel merkte richtigerweise an, auch die Beiträge der RentnerInnen sollten abgesenkt werden. Warten wir also weiter!
Schmerzpsychotherapie
Zur Kammerversammlungs-Gewohnheit wird mittlerweile das Garnieren unserer berufspolitischen Pflichtarbeit mit einem fachlich fortbildenden Vortrag: Diesmal referierte eineinhalb Stunden lang Dr. Paul Nilges vom DRK-Schmerz-Zentrum Mainz über: „Schmerzpsychotherapie – Gegenwart und Zukunft“. Darüber hinaus gab er Einblicke in die vernetzte Arbeit der Ärzte, Psychotherapeuten und Physiotherapeuten bei der Schmerzbehandlung. Berufspolitisch interessant war der Standpunkt des Experten, dass seines Erachtens die Zertifizierung „Spezielle Schmerzpsychotherapie“ eigenständig und losgelöst von der Zertifizierung Somatopsychotherapie sein soll.
Am Samstagmorgen ging‘s weiter mit den Berichten aus Gremien und Ausschüssen. Es wurden einige Nachbesetzungen abgestimmt. Sabine Gollek, Antje Klaiberg und Wolfgang Ritz gehören nun dem Ausschuss für Angelegenheiten der Angestellten an. Prof. Dr. Jürgen Hoyer und Prof. Dr. Frank Jacobi wurden in den Forschungsausschuss berufen ebenso wie Prof. Dr. Hans-Joachim Hannich und Frank Massow. Barbara Breuer-Radbruch kam noch in den KJP-Ausschuss.
Der Ausschuss für Fort- und Weiterbildung habe pro Jahr ca. 350 Anträge in Fortbildungsfragen zu prüfen, so der alte und neue Vorsitzende Dr. Thomas Guthke . Mittlerweile gebe es 184 OPK-anerkannte Fortbildungs-SupervisorInnen. Für die sächsischen Gesundheitsbehörden prüfe man gleich die Kriterien des Ausbildungs-Supervisorentitels mit. Diese eigentlich kammerfremde Hoheitsaufgabe würde man gerne auch für die OPK-Mitglieder der anderen Länder übernehmen. Weiter befasse sich der Ausschuss mit der Erteilung der neuen OPK-zertifizierten Fortbildungstitel, den Möglichkeiten elektronischer Erfassung, denke über das Thema Befugniserweiterungen nach, plane ein Expertengespräch/ Workshop (wie es die Präsidentin von allen Ausschüssen gerne sähe) und wolle die Zusammenarbeit mit den Ausbildungsinstituten stärken.
Für den Ausschuss für Satzung und Geschäftsordnung zugleich Ausschuss für Berufsordnung und Berufsethik berichtete Johannes Pabel (als dessen neuer Vorsitzender),, ein künftiger Schwerpunkt solle auf der Berufsethik liegen. In 2012 wolle man einen Workshop zum Beschwerdemanagement der Kammer zusammen mit dem Schlichtungsausschuss abhalten. Weiterhin soll die Wahlordnung hinsichtlich größerer Anziehungskraft für Kandidaten wie Wähler überarbeitet werden. Andrea Mrazek berichtete von ihrem Vortrag über Ethik in der Psychotherapie im Rahmen einer Ethik-Veranstaltung der sächsischen Ärztekammer. Beim Abstinenz-Thema seien große Unterschiede zwischen der ärztlichen und der psychologischen Herangehensweise deutlich geworden.
Der Ausschuss für besondere Belange der Kinder- und Jugendpsychotherapeuten erstellt ein einführendes Faltblatt, das in Praxen oder Beratungsstellen ausgelegt werden kann. Der Vorsitzende Dr. Wolfgang Pilz berichtete, dieser Flyer soll dann auf der Homepage der OPK zum Herunterladen eingestellt werden.
Auch der Schlichtungsausschuss plane ein Faltblatt zu erstellen, und zwar zum Ablauf von Schlichtungsverfahren für Betroffene, berichtete der Vorsitzende Dr. Steffen Dauer.
Für den Forschungsausschuss berichtete dessen neuer Vorsitzender Dr. Detlef Selle von weiteren geplanten Veröffentlichungen im Psychotherapeutenjournal der BPtK mit Daten aus dem Fundus unserer letzten Mitgliederbefragung.
Jürgen Golombek, der Vorsitzende des Ausschusses für Angelegenheiten der Angestellten, plant eine Veranstaltung mit leitenden psychologischen Psychotherapeuten. Er erinnerte auch an den 2013 zum ersten Mal endenden Fünf-Jahre-Zyklus der Fortbildungspflicht (in Krankenhäusern.
Auf die Problematik des oft mangelnden Datenschutzes bei Psychotherapieanträgen privatversicherter Patienten wies Otto Rendenbach hin. Dr. Gregor Peikert teilte mit, dem Vorstand sei bekannt, dass viele private Versicherungen sich nicht an die berufsrechtlichen/sozialrechtlichen Bestimmungen gebunden fühlen. Zu dieser Thematik sei bereits eine Petition beim Deutschen Bundestag anhängig. Man sehe insbesondere die Bundesebene aufgerufen, Abhilfe zu schaffen.
Dr. Jürgen Friedrich und Dr. Markus Funke
Kammerdelegierte der DGVT