Delegiertenversammlung
Die nun mehr 12. Delegiertenversammlung der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer am 19. und 20. Oktober im Schloss Machern begann mit Gedenkworten der Präsidentin und einer Schweigeminute zum leider unlängst verstorbenen thüringischen Kammerdelegierten Dr. Hans-Joachim Meisel.
Das Tagesgeschäft führte uns zurück zum Jahresabschluss des Haushalts 2011, gegen den sowohl die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wie auch der prüfende Finanzausschuss keine Einwände vorbrachten. Dem folgte der einstimmige Beschluss der Delegierten zur Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2011, das wirtschaftlich vom Umzug der Leipziger Geschäftsstelle in größere Räumlichkeiten geprägt war (Kosten ca. 100.000 €). Wohl deswegen sank zum ersten Mal die Höhe der Neu-Rücklage (von 200.000 € in 2010 auf 122.000 €).
Berichte des Vorstands und der Geschäftsführung
Vorstand und Geschäftsführung berichteten von ihren vielfältigen Aktivitäten in 2011. Inhaltliche Schwerpunkte bildeten z. B. die Öffentlichkeitsarbeit zur psychotherapeutischen Versorgung, die letztendlich mit dazu beigetragen haben dürfte, dass die Krankenkassen gemäß G-BA-Absprache im Lauf der nächsten Jahre wohl 1.150 neue Kassen-Sitze finanzieren werden müssen, von denen dann wohl über 800 im OPK-Land liegen werden. Hoffentlich wird auch der Bewertungsausschuss im nächsten Sommer dazu zu bewegen sein, in den neuen Psychotherapie-Richtlinien unsere Arbeit durch bessere Regelungen in punkto Gutachtertätigkeit, Stundenkontingente und Gruppentherapie zu erleichtern.
Künftig noch bedeutsamer werden dürfte die inhaltliche Auseinandersetzung der OPK mit der Umgestaltung europäischer Gesundheitssysteme hin zu Konzepten Gestufter Versorgung (siehe hierzu den Bericht von Markus Funke in dieser Rosa Beilage). Den Chancen höherer Versorgungseffizienz stehen die Risiken einer bloßen Kontingentierung sowie Entprofessionalisierung gegenüber. Schließlich ist laut empirischem Wissensstand die therapeutische Beziehung das essentielle Vehikel gerichteter individueller Veränderung. Auch darf nicht vergessen werden (gerade im deutschen Osten), dass die psychotherapeutische Dyade ein patientenorientierter Schutzraum gegenüber allzu starker Vergesellschaftung bleiben sollte. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass fast alles (watchful waiting, E-Selbsthilfe, Bibliotherapie, psychosomatische Grundversorgung, telefonische Unterstützung, E-Psychoedukation) besser sein dürfte als gar keine Psychotherapie.
Zwei weitere Schwerpunkte der Vorstands-Arbeit sind die forensische Psychotherapie und das “Psychotherapeutenverfahren“ der gesetzlichen Unfallversicherungen. Eine Vereinbarung zur Notfall-Versorgung durch PsychotherapeutInnen besteht nun auch im Land Brandenburg. 2013 soll zum Thema „Notfall-Versorgung“ eine Fortbildungs-Veranstaltung der OPK angeboten werden.
Im Ausblick auf 2013 wurde ein systematischer Ausbau der OPK-eigenen Fortbildungs-Aktivitäten in Aussicht gestellt mit den Fortbildungskategorien ‚Basis‘, ‚Update‘, ‚Praxis‘, Kompakt‘, ‚Fachthemen‘, ‚Curriculares‘. Fortbildung sei eine ureigene Kammeraufgabe. Zur Realisierung sowohl eines Klausur- wie eines Flächenkonzepts seien hier künftig auch Kooperationen mit Fachgesellschaften denkbar. Mit Herausgabe eines Halbjahresprogrammheftes wolle man indes den eigenen Markencharakter betonen.
Jahr des Berufsrechts
2013 wolle man in der OPK zum Jahr des Berufsrechts machen. Den Auftakt dazu werde eine Klausur-Veranstaltung am 20.2.2013 in Leipzig bilden. Dort würden Rechtsfragen zur Einsichtnahme, Einwilligung, Probatorik sowie zur Kooperation mit Ämtern behandelt - wichtige Themen für Delegierte und andere Multiplikatoren.
Der 2013 ausscheidende Geschäftsführer Carsten Jacknau kündigte eine Ausgabe des Heilberufeausweises für OPK-Mitglieder für frühestens 2014 an. Die Einführung von Barcode-Aufklebern für die Teilnahmenachweise bepunkteter Fortbildungsveranstaltungen sei vor 2016 unrealistisch. Die OPK habe mittlerweile über 3.039 Mitglieder, 60 % Niedergelassene in der Voll-Beitragsklasse 1 (450 €), 34 % in der bisherigen Beitragsklasse 2. Die erste Erhebungswelle des neuen Mitglieder-Meldebogens beantworteten 850 Mitglieder, nun folge als zweite Welle eine Briefversendung. Auf den Expertenlisten der OPK sind mittlerweile 30 gutachterlich Sachverständige, 25 NeuropsychotherapeutInnen und 44 Trauma-TherapeutInnen eingetragen.
Neue Beitragsordnung
Auf dem Arbeitsprogramm der Delegierten stand diesmal die Abstimmung zur novellierten Beitragsordnung. Sie wurde mit zwei Gegenstimmen angenommen. Alle OPK-Mitglieder (also auch Angestellte), die über 124 % (aktuell wohl 33.600 €) des Durchschnittseinkommens sozialversicherungspflichtig Beschäftigter verdienen, sollen ab 2013 den von der Delegiertenversammlung einstimmig beibehaltenen OPK-Regelbeitrag von 450 € zahlen. Alle (also auch Niedergelassene), die darunter liegen, können mit Hilfe ihres Einkommenssteuernachweises (des vorletzten Jahres, für 2013 also 2011) die Zahlung einer niedrigeren Beitragsstufe beantragen. Wer z.B. 75 % dieses deutschen Durchschnittseinkommens unterschreitet, bräuchte nur 40 % des OPK-Regelbeitrags entrichten, genauso viel sollen Kranke, Arbeitslose und Kolleginnen im Mutterschutz (Sonderbeitragsklasse SK2) zahlen. Kammer-Doppelmitglieder, arbeitende RentnerInnen und Kleinkind-Erziehende (SK1) brauchen nur 50 % zahlen. Wer nachweist, unter 100 % jenes Durchschnittseinkommens gelegen zu haben, darf 70 % des Regelbeitrags zahlen. Wessen Einkommen unter 125 % des o. g. Durchschnitts lag, der hat 80 % zu zahlen.
Die bisherige Statusstufung der Beitragsordnung wird also durch eine reine Einkommensstufung ersetzt. Die größere finanzielle Gerechtigkeit wird allerdings mit höherem Verwaltungsaufwand einhergehen. Nach Einschätzung des Vorstandes sollte die neue Beitragsordnung für die OPK tendenziell ertragsneutral sein. Frühestens 2014 werden die OPK-Delegierten dies beurteilen können. In der Diskussion wurde lediglich der von Rentnern verlangte Beitrag (Sonderbeitragsklasse 3 / 15 %) als zu hoch kritisiert. Rentner könnten erwägen, die Approbation zurückzugeben, was keiner wolle. Die Geschäftsstelle erwiderte, dass ihre reinen Basiskosten pro Mitglied schon 50 € betrügen, da lägen RentnerInnen mit einem Beitrag von 67,50 € nicht wesentlich darüber.
Haushaltsentwurf 2013
Der Haushaltsentwurf 2013 birgt wegen der neuen Beitragsordnung gewisse Unsicherheitsfaktoren. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sollen 1,2 Mio. € überschreiten, die Rücklagen werden wohl 980.000 € betragen, ein mehr als ausreichender Puffer. Der größte Ausgabenposten ist mittlerweile das Personal mit 326.000 €, gefolgt von den Entschädigungen und Reisekosten von Vorstand und Delegierten (240.960 €) sowohl für die halbjährlichen Delegiertenversammlungen wie auch für die Deutschen Psychotherapeutentage und die Ausschussarbeit (117.000 €). Die Beiträge an die Bundeskammer betragen 170.500 €. Für Öffentlichkeitsarbeit sind 80.000 € eingeplant, die Geschäftsstelle soll 48.000 € brauchen, rechtsanwaltliche Beratung koste 40.000 €, für Steuerberatung, Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung sind 35.000 € veranschlagt, für das Psychotherapeuten-Journal 34.000 €. Der Haushaltsplan wurde einstimmig angenommen.
Kammermitgliedschaft der PiA
Auf Antrag des Doppel-Ausschusses für Satzung und Geschäftsordnung / Berufsordnung und Berufsethik hatte der Vorstand einen TOP „Kammermitgliedschaft PiA“ vorbereitet, u. a. mit einer Synopse über die Regelungen der anderen Länderkammern. Diese reichen von Pflichtmitgliedschaft (Schleswig-Holstein, ab praktischer Ausbildung: Hessen, Niedersachen) über freiwillige Vollmitgliedschaft (Hamburg, ab praktischer Ausbildung: Baden-Württemberg, Bremen) und freiwilliger Gastmitgliedschaft (Saarland: lt. Kammergesetz, Rheinland-Pfalz: lt. Satzung) hin zu Gäste-Satzungsregelungen (Bayern: 1 PiA-Sprecher als Gast mit beratendem Status) bis zur Regelungslosigkeit (Berlin, Nordrhein-Westfalen, OPK: wie andere Gäste, auf Antrag).
Die Gesetzes- und Verordnungslage ermögliche für die OPK bislang keine PiA-Kammermitgliedschaft. Einziger Ansatzpunkt könnte in einer Analog-Argumentation liegen, die sächsischen Pharmazeuten hätten nämlich die legale Möglichkeit einer freiwilligen Kammermitgliedschaft ihres Nachwuchses.
In der Diskussion betonten einige, wie gut man sich doch in der OPK um seinen Nachwuchs kümmere, deswegen sehe man überhaupt keinen Regelungsbedarf. Andere kritisierten diese Haltung als puren Paternalismus und wünschten weiter, PiAs in der Delegiertenversammlung ihre eigenen Positionen zu Ausbildungsfragen selbst formulieren zu lassen. Einen besonderen Gaststatus könne man PiA-VertreterInnen doch wenigstens zugestehen. Rechtsanwalt Hartmut Gerlach informierte, dass in Rheinland-Pfalz eine solche Satzungsregelung von der Aufsichtsbehörde beanstandet worden sei. Er wies indes besonders auf das demokratische Legitimationsproblem bei willkürlicher Heranziehung einzelner PiAs als Sprecher für deren Gemeinschaft hin. Auch wenn sich in der Diskussion die unterschiedlichen Delegierten-Standpunkte wenig anzunähern schienen, waren wir vom Satzungsausschuss zufrieden, das Problembewusstsein hinsichtlich einer legitimierten PiA-Vertretung in der Kammer geweckt und geschärft zu haben. Wir hoffen, der Vorstand lässt die Geschäftsstelle die verbliebenen Möglichkeiten weiter ausloten.
Weiterbildungsordnung
Zwei Änderungen der OPK-Weiterbildungsordnung wurden angenommen, zum einen wurden geschlechtsneutrale Formulierungen eingefügt, zum anderen wurde die Übergangsregelung um weitere fünf Jahre verlängert. Aus der Begründung: man habe leider immer noch weder eine neuropsychotherapeutische Weiterbildungsstätte noch Weiterbildungsbefugte. Auch für neue Weiterbildungsbereiche gilt die Verdoppelung der Übergangsfrist. Was da wohl noch alles kommen soll? In der BPtK kommt wohl als nächstes eine Weiterbildungsregelung ‚Somato-Psychotherapie‘ aufs Tapet.
Korrekturen wurden ebenfalls bei der Richtlinie zum Erwerb der Fortbildungsqualifikation ‚Psychotraumatherapie OPK‘ abgestimmt. Hauptsächlich wurde damit die dort formal „bislang mangelhafte“ Definition der freien Spitze klarifiziert, und das dann auch in der KJP-Version der Richtlinie.
Dr. Thomas Guthke (Ausschuss für Aus-, Fort- und Weiterbildung) sprach über „Nachweise der allgemeinen Fortbildungspflicht – Eckpunkte“: Es ging um die kürzlich vom G BA festgelegten veränderten[K1] Fortbildungsanforderungen für PsychotherapeutInnen im Krankenhaus (leider nicht um eine Pflicht, allen psychotherapeutisch Tätigen auch facharztäquivalente Arbeitsverträge zu geben…). In der Konsequenz daraus werde man die Fortbildungspflicht am besten einfach auf alle KollegInnen ausdehnen, nur so seien Beschäftigte, die auf mehreren Teilzeitstellen arbeiten, adäquat auf ihre Fortbildungspflicht hin zu prüfen. Ob sich dann der Rahmen genehmigungsfähiger Veranstaltungsthemen erweitern wird?
Aus den Berichten der Ausschüsse sei noch die „QESÜ-RL“, eine Richtlinie zur einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung, zitiert. Landesarbeitsgemeinschaften und eine Bundesstelle sollen QS-Daten auswerten und rückmelden. Bei Q-Mängeln droht als Konsequenz, dass Stellungnahmen abgegeben werden müssen, Audits abzuhalten sind und Fortbildungen besucht werden müssen, auch peer-reviews scheinen möglich. Das AQUA-Institut, Göttingen, werde sich in diesem Zusammenhang künftig um QS-Verfahren für Psychosen, Altersdemenzen und Anorexie kümmern.
Dann stand auch diesmal wieder ein Vortrag auf dem Programm: Prof. Dr. Thomas Fydrich (Sprecher der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie) referierte über das Modell einer Direktausbildung für PsychotherapeutInnen der Deutschen Gesellschaft für Psychologie/DGPs, das im Moment viel diskutiert wird. Auch die Führungskräfte in der BPtK halten wohl nicht mehr unbeirrt am eigenen Gesetzesentwurf fest. Will man das Heil nun erneut in einem ganz großen Wurf suchen? Währenddessen setzt sich leider der Bachelor als Zugangsqualifikation für die PT-Ausbildung in den Ländern immer weiter durch. Das DGPs-Modell beinhaltete weder OPK-Spezifisches noch wissenschaftlich fundierte Innovationen der Ausbildung, diese Präsentation eines weiteren ‚Ein Beruf‘-Ausbildungsmodells war wohl eher als ein Priming der Delegierten auf den 21. Deutschen Psychotherapeutentag gedacht, man wird davon deswegen sicher noch an anderer Stelle hören.
Jürgen Friedrich
Landessprecher Mecklenburg-Vorpommern und DGVT-Kammerdelegierter
Kontakt: mv@dgvt.de
[K1]Meint Jürgen den aktuellen G-BA-Beschluss?