Bericht aus dem Beratenden Fachausschuss Psychotherapie der KV Bayern (BFA PT) und aus der Landeskonferenz der Richtlinienpsychotherapieverbände (LAKO)
Die Zahlen zur neuen Bedarfsplanung standen bei den letzten beiden Sitzungen des Beratenden Fachausschusses an oberster Stelle der Tagesordnung. Insgesamt gibt es in Bayern 282,5 neue Sitze für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu besetzen. Davon sind 27 ausschließlich für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und fünf für ärztliche Psychotherapeuten reserviert.
Die 25 %-ige Ärztequote fällt zum 1.1.2014 zwar nicht gänzlich weg, falls aber in einem Planungsbereich ein für einen ärztlichen PT reservierter Sitz nicht besetzt ist bzw. nicht besetzt werden kann, darf sich ein PP oder KJP um diesen Sitz bewerben. Bezüglich der Berücksichtigung der Psychiatrischen Institutsambulanzen (mit der Einberechnung des Faktors 1,0 für Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) in der Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie) beschlossen die Mitglieder des Beratenden Fachausschusses, dass der Anrechnungsfaktor maximal 0,3 betragen soll. Hierbei soll die KVB auch fordern, dass u. a. der Facharztstatus Voraussetzung für die Anerkennung einer PIA sein muss.
Die LAKO, die sich seit April ebenfalls zweimal traf, befasste sich u.a. mit den Initiativen der verschiedenen Kassen und Kassenverbänden, an den Psychotherapiekontingenten und „Verteilungsverfahren“ neue Stellschrauben anzusetzen. Die Kontingente im Genehmigungsverfahren der Richtlinienpsychotherapie stehen von verschiedenen Krankenkassen derzeit sehr unter Beschuss. Es kursieren mehrere Papiere dazu. Dem vorgeblichen Ziel der Krankenkassen, mit diesen Ideen die Versorgung der Patienten verbessern zu wollen, wird deutliches Misstrauen seitens der Mitglieder der LAKO entgegen gebracht. Es wird auch der Versuch und das Bemühen der Krankenkassen darin gesehen, steuernd im Sinne von regulierend und begrenzend in die bestehende Versorgungslandschaft hineinzudrängen. Auch Dr. Thomas Uhlemann vom GKV-Spitzenverband hat mit seinen Vorschlägen für Unruhe gesorgt.
Es wird das Papier des GKV-Spitzenverbandes zu diesem Thema diskutiert. Einzelne Ideen daraus werden durchaus begrüßt, wie die Straffung der Bewilligungsschritte in der VT, bei der ein Zwischenschritt zwischen 45 und 60 entfallen soll. Auch die Angleichung der Kontingente in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der Verhaltenstherapie scheint den LAKO-Mitgliedern sinnvoll. Die Reduzierung der Kurzzeittherapie auf nur 15 Stunden scheint völlig inakzeptabel und darf keinesfalls vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen werden. In der Diskussion werden verschiedene Argumentationslinien aufgezeigt, wie man diesem Begehren der Krankenkassen, Kontingente generell kürzen zu wollen, entgegentreten kann. Der Gedanke der Kassen, durch eine Verkürzung von Sitzungskontingenten, mehr Patienten versorgen zu können, ist schon allein deshalb falsch, weil die vorhandenen Kontingente, anders als von den Kassen behauptet, nicht ausgeschöpft werden.
Hier sind Echtzahlen, beispielsweise aus der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württembergs, eine Möglichkeit aufzuzeigen, dass die Psychotherapien im Gegensatz zu den Behauptungen der Krankenkassen und auch mancher KV-Vertreter nicht bis zum Ende des Bewilligungskontingents fortgeführt werden. Die Therapien enden zumeist früher und angepasst an den Bedarf des jeweiligen Patienten.
Auch der Anteil der angeblich so langen Psychoanalysen am Versorgungsgeschehen ist wesentlich geringer als viele Politiker und Kassenvertreter dies herausstellen. Hier ist also ruhige Sachaufklärung mit den Echtzahlen vermutlich eine zielführende Strategie.
Auch die Wartezeitangaben auf einen Therapieplatz, wie sie von unserer Seite oft vorgetragen werden, sind nicht reliabel. Wartezeiten allein sind kein Parameter um den Bedarf korrekt zu schätzen. In der täglichen Praxis zeigt sich, dass Patienten bei mehreren Kolleg/inn/en auf der Warteliste stehen und nach drei bis vier Monaten mindestens die Hälfte der Patienten von einer Warteliste schon in Therapie gekommen sind.
In diesem Zusammenhang sind in Bayern derzeit auch verschiedenen Initiativen der Kassenverbände zu beobachten, die durch sog. Koordinationsstellen versuchen, die Versorgung ihrer Versicherten zu verbessern und Arbeitsunfähigkeitszeiten zu verkürzen. In diesem Zusammenhange trafen sich Vertreter der LAKO mit dem BKK-Landesverband Bayern. Dieser stellte dabei ein Konzept vor, das sich auf Patienten mit mittelgradigen und schweren Depression bezieht, die durch eine Koordinationsstelle (unter Federführung der BKK) effektiver versorgt werden sollen. Dabei ist neben der Psychotherapie auch die Einbeziehung anderer Angebote, wie z.B. einer Schuldnerberatungsstelle, vorgesehen.
Bei dem Gespräch konnten viele Bedenken der LAKO-Vertreter nicht zerstreut werden, u.a. Bedenken zum Umgang mit sensiblen Persönlichkeitsdaten der Patienten, so dass die in der LAKO vertretenen Verbände ihren Mitgliedern empfehlen, sich nicht an der Ausschreibung der BKK zu beteiligen.
Wie geht es weiter mit den Honorarwidersprüchen ab dem Quartal 1/2013? Hierzu gibt es aktuell noch keine aktualisierte Fassung. Grundsätzlich sollte aber zur Fristwahrung auch weiterhin Widerspruch eingelegt werden, mit dem Hinweis, dass eine Begründung folgt.
In der nächsten Sitzung im Herbst, hat sich die LAKO das Thema „Auswirkungen des DSM V auf die Umsetzung des ICD 11“ an oberster Stelle auf die Tagesordnung geschrieben. Die neue Fassung des DSM führt zu einer „Psychopathologisierung“ der Bevölkerung, die aus ethischen Gesichtspunkten nicht zu befürworten ist.
Willi Strobl
Landessprecher Bayern
Beschränkungen für Spielhallenverfassungskonform!
Das bayerische Ausführungsgesetz für den neuen Glücksspielstaatsvertrag von 2012 geht konform mit der bayerischen Verfassung, wie der bayerische Verfassungsgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung vom 28.6.2013 bestätigt hat. Der neue Glücksspielstaatsvertrag hat – als eine wichtige Neuerung – festgelegt, dass Errichtung und Betrieb einer Spielhalle der „glücksspielrechtlichen Erlaubnis“ bedürfen. Danach haben sie auch die dort vorgesehenen Beschränkungen zu beachten, wie den Mindestabstand von 250 m Luftlinie zwischen Spielhallen und auch, dass sie nicht im baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen stehen dürfen. Die Popularklage mehrerer Spielhallenbetreiber wurde abgewiesen.
Bemerkenswert ist, dass der Verfassungsgerichtshof sich in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich auf die sachverständigen Empfehlungen der Psychotherapeutenkammer zum damaligen Gesetzentwurf gestützt hat. Die Kammer hatte – in Anlehnung an entsprechende Positionierungen aus dem Bereich der Suchthilfeverbände – unter anderen die o.g. konkreten Vorgaben zur strukturellen Begrenzung der Gefährdungspotentiale für Glücksspielsüchtige durch Spielhallen vorgebracht.
Kammer wirkt bei Versorgungsplanung mit
Dem nach dem Versorgungsstrukturgesetz vom vergangenen Jahr auch in Bayern zu gründenden landesweiten Gremium zur sektorenübergreifenden Versorgungsplanung wird voraussichtlich auch ein/e Vertreter/in der Psychotherapeutenkammer angehören, wie das zuständige Gesundheitsministerium mitteilte. Im Prinzip ein wichtiges Gremium, dem alle im Gesundheitsbereich wichtigen beteiligten Gruppen (Kammern, Krankenkassen, Wohlfahrtsverbände, kommunale und überörtliche Träger, KV, Krankenhausgesellschaft uva.) angehören - allerdings sind ihm vom Gesetzgeber keine ernsthaften Kompetenzen zugewiesen, außer der Beratung über Fragen der Versorgungsplanung.
Die Kammer ist auch bereits bei anderen Gremien vertreten: In der landesweiten Versorgungskonferenz im Juni sowie in vergleichbaren Veranstaltungen auf Ebene aller Bezirke ging es (kurz vor den Wahlen!) um die möglichen zukünftigen Mängel in der ambulanten Versorgung speziell bei den Hausärzten. Die offiziell intendierte Beratung mit den Eingeladenen bestand letztlich aus Vorträgen von Vertretern von Kassen, Kassenärztlicher Vereinigung und Politik sowie der Möglichkeit, aus dem Plenum Fragen zu stellen. Wichtig waren in der Regie dieser Veranstaltungen vermutlich auch die opulenten Abschlussbuffets, welche die anwesenden Pressevertreter sicher von der Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Landespolitik überzeugte, Versorgungsprobleme nachhaltig anzugehen. Wichtiger dürfte sein, dass die Kammer nun voraussichtlich in einem wichtigen Unterausschuss des Krankenhausplanungsausschusses zur Versorgung psychisch kranker Menschen beteiligt werden wird.
Heilberufekammergesetz geändert –bayerische Weiterbildung wird kommen
Die bayerische Psychotherapeutenkammer (PTK) verstand sich über viele Jahre als eine Art Bollwerk in Sachen Verhinderung einer bundesweit einheitlichen, reglementierenden und die Psychotherapieapprobation abwertenden Psychotherapeutenweiterbildung. Abgesehen von inhaltlichen Argumenten lies sich dies im Notfall auch mit Verweis auf das Heilberufekammergesetz (HKG) begründen, da dieses der Psychotherapeutenkammer ausdrücklich keine Ermächtigung zum Erlass einer Weiterbildungsordnung (WBO) gegeben hat. Vor ca. drei Jahren begannen sich die entsprechenden Positionen in der PTK aufzuweichen, und es wurde beschlossen, als ersten Schritt in die mögliche Öffnung für eine Weiterbildungsordnung das Ministerium zu bitten, im HKG eine Erlaubnis zum Erlass einer WBO vorzusehen. Das Gesundheitsministerium war sehr schnell einverstanden, allerdings sollte, auf besonderen Wunsch des damaligen Gesundheitsministers Soeder, auch gleich die Pflegekammer im Gesetz verankert werden. Das wiederum gab einigen politischen Wirbel, weil die an der Pflege beteiligten Interessengruppen die Idee von Soeder teils sehr abwegig fanden. Nach längeren Diskussionen, Anhörungen und Befragungen der Betroffenen hatte man im Frühjahr (unter dem neuen Gesundheitsminister Huber) entschieden, die Pflegekammer vorerst nicht im HKG vorzusehen. Gerade rechtzeitig vor der Landtagswahl, so dass das geänderte HKG nun endlich am 16.7.13 vom Landtag (einstimmig!) beschlossen werden konnte. Es ist am 1.8.13 in Kraft getreten. Wichtigste Neuregelung für die Psychotherapeuten: Die PTK kann eine Weiterbildungsregelung erlassen. Und sie wird es vermutlich auch bald machen, denn bereits bei der Wahl der Ausschüsse zu Beginn der laufenden Wahlperiode wurde ja ein entsprechender Ausschuss gewählt, der eine Weiterbildungsordnung vorbereiten soll. Diese soll, so der Auftrag der Delegiertenversammlung, die Minimalvorgaben der Musterweiterbildungsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer für Bayern umsetzen.
Gespräche der Ausbildungsinstitute, der Hochschulvertreter/innen und der Ltd. Psychotherapeut/innen in Bayern mit der PTK
Im Sommer fanden die diesjährigen Gesprächsrunden mit den Vertreter/innen der drei wichtigen vorgenannten Gruppen statt. Die Gespräche stellten sich als wichtiger Gedankenaustausch über jeweils unterschiedliche anstehende Fragen dar, im Vordergrund stand aber zumeist die mögliche Reform der Psychotherapeutenausbildung. Die aktuelle Diskussionslage wurde vorgestellt und die – noch offene – Position der Kammer, wie sie auch der Beschlusslage des Deutschen Psychotherapeutentages entspricht, begründet. Die Vertreter der Ausbildungsinstitute wiesen überwiegend auf die Risiken hin, die mit der möglichen Einführung einer Direktausbildung für die Psychotherapeutenausbildung verbunden sein könnten. Die Vertreter der Studiengänge, in denen die Bewerber für die Psychotherapieausbildung derzeit ausgebildet werden (v.a. Psychologie, Pädagogik und Sozialpädagogik), waren gespalten. Während sich die Vertreter der Psychologie durchaus eine Direktausbildung vorstellen könnten, betonten die Vertreter der übrigen Fächer überwiegend das Problem, dass damit die Zugänge und auch die inhaltlichen Beiträge aus anderen Fachgebieten abgeschnitten würden. Seitens der Leitenden Psychologen/Psychotherapeuten in Kliniken wurde dieses Thema unterschiedlich gesehen. Einerseits könnte sich die Stellung der Psychotherapeuten dort verbessern, wenn sie die Weiterbildungszeit nach der Approbation in den Kliniken verbringen und automatisch Ansprüche auf angemessene Bezahlung haben, andererseits konnte man sich kaum vorstellen, dass die notwendigen Personalkosten dafür aufgebracht werden können.
Heiner Vogel