Die Bundesregierung hat das Gesetz zur Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns mit einem Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Das Gesetz nennt sich Mindestlohngesetz (MiLoG) und beruht auf einem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums. Durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) soll ab 2015 eine einheitliche gesetzliche Lohnuntergrenze von brutto 8,50 Euro je Stunde eingeführt werden.
Ausgenommen vom Mindestlohn sind vorwiegend PraktikantInnen und Langzeitarbeitslose sowie Auszubildende.
Die Beratungen des Gesetzesentwurfs im Bundestag sollen vor der Sommerpause abgeschlossen werden. Voraussichtlich wird das Gesetzvorhaben im Mai in den Ausschüssen des Bundestages beraten, der Bundesrat wird sich voraussichtlich im September mit dem Vorhaben befassen. Da es sich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, muss er zustimmen.
Die DGVT spricht sich ausdrücklich gegen die Ausklammerung von PsychotherapeutInnen in Ausbildung (PiAs) aus dem Mindestlohn aus, da diese bereits ein abgeschlossenes Studium haben und die geforderte „ praktischen Tätigkeit“ in den Kliniken entlohnt werden muss.
In einem Schreiben an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die DGVT um eine schriftliche Stellungnahme gebeten, in welcher Form Psychotherapeuten in Ausbildung bei den gesetzlichen (Neu-)Regelungen über den Mindestlohn berücksichtigt werden können.
PiAs erbringen in den Kliniken vollwertige Leistungen in der Patientenversorgung. Aus diesem Grund steht ihnen eine angemessene tarifliche Vergütung zu. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte, aus Sicht der DGVT und der DGVT-AusbildungsAkademie, die Aufnahme der PiAs in die Mindestlohn-Gesetzgebung sein.
Waltraud Deubert
Wer in Deutschland einen Ausbildungsgang in Psychologischer Psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie belegen möchte, benötigt als Zugangsvoraussetzung ein erfolgreich abgeschlossenes Psychologie- oder (Sozial-)Pädagogikstudium. Über 10000 PsychotherapeutInnen in Ausbildung (PiA) gibt es derzeit bundesweit. Unter ihnen herrscht seit längerem schon erheblicher Unmut. Mit Streiks und Demonstrationen machen sie immer wieder auf ihre Situation aufmerksam. Die aktuelle Debatte über Ausnahmen von der geplanten Mindestlohnregelung sorgt für zusätzlichen Zündstoff.
Im Rahmen der Psychotherapie-Ausbildung absolvieren die PiAs unter anderem 1800 Stunden in einer Klinik. Bis heute gibt es trotz zahlreicher Initiativen in der Vergangenheit keine einheitliche Regelung für die Vergütung dieser Tätigkeit. PiAs sprechen von einer „Null- bis Kaum-Honorierung ihrer Arbeit“, obwohl sie „in den Kliniken vollwertige Leistungen in der Patientenversorgung, verantwortlich und überwiegend selbständig“ erbrächten. Die Gewerkschaft Ver.di fordert tarifliche Regelungen.
Hoffnung keimte zuletzt auf, als der gesetzliche Mindestlohn zumindest eine verbindliche Untergrenze für die Vergütung der klinischen Tätigkeit zu versprechen schien, die immerhin oberhalb der derzeit häufig üblichen PraktikantInnen-Entschädigungen angesiedelt wäre. Doch die aktuellen Nachrichten über die geplante Ausgestaltung des Mindestlohngesetzes in der Großen Koalition haben die PiAs in Aufruhr versetzt. Praktika im Rahmen einer Berufsausbildung könnten demnach nämlich vom Mindestlohngebot ausgenommen werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V. (DGVT), die mit ihrer gemeinnützigen Ausbildungsakademie selbst an 19 Standorten im ganzen Bundesgebiet Psychotherapie-Ausbildungsgänge anbietet, sieht in solchen Plänen eine grobe Missachtung der Qualifikation und Leistungsfähigkeit von PiAs. Angesichts der Tatsache, dass es sich um eine postgraduale Ausbildung handelt und der Einsatz der PsychotherapeutInnen in Ausbildung für die Kliniken erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringe, sei eine Ausnahme vom Mindestlohn für PiAs durch nichts zu rechtfertigen, findet Günter Ruggaber, Geschäftsführer der DGVT-Ausbildungsakademie.
Dies umso mehr, da im Gesetzentwurf Praktika durchaus differenziert betrachtet werden. So soll der Mindestlohn zum Beispiel für Praktikanten, die nach einem Studium mehrere Monate arbeiten, durchaus gelten – sofern das Praktikum nicht einer Berufsausbildung dient. Die DGVT fordert, den Gesetzentwurf an dieser Stelle nachzubessern und für eine Gleichbehandlung von PraktikantInnen zu sorgen, die bereits ein Studium erfolgreich absolviert haben. „Es ist höchste Zeit für klare Regelungen, die der Wirklichkeit in der Psychotherapie-Ausbildung Rechnung tragen. Dass der Mindestlohn auch für PiAs gilt, wäre ein erster Schritt in diese Richtung“, fordern DGVT und DGVT-AusbildungsAkademie.
Tübingen, den 24.03.2014