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Bericht vom 24. Deutschen Psychotherapeutentag am 17.05.2014 in Berlin

Der Deutsche Psychotherapeutentag tagte zu verschiedenen wichtigen Themen u.a. Muster-Berufs-Ordnung, Mindestlohnregelung für PiAs und Muster-Weiterbildungsordnung.


Am 17.05.2014 tagte der Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) in Berlin. Schlaglichtartig sollen hier die vielen wichtigen gesundheitspolitischen Diskussionen beleuchtet werden.

Schon zu Beginn der Tagung wurde vom Präsidenten der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Prof. Rainer Richter, deutliche Kritik am Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geäußert, dass künftig die Psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) mit ½ Sitz auf die Bedarfsplanung der ambulanten Versorgung angerechnet werden müssen. Es ist offensichtlich, dass die PIA Menschen mit einem anderen Diagnosespektrum als die Niedergelassenen und mit einem anderen Leistungsspektrum versorgen. Es gebe die Möglichkeit, regional dieser Anrechnung entgegenzutreten; die BPtK prüfe derzeit, wie dieser regionale Widerstand zusammen mit den Landeskammern organisiert werden könnte. In diesem Zusammenhang gab es auch eine einstimmig verabschiedete Resolution des DPT, die das Bundesgesundheitsministerium auffordert, den G-BA-Beschluss zu beanstanden.

Im Hinblick auf die jüngst von der Politik beschlossene 2-jährige Verlängerung der Einführungsphase des Pauschalierten Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) sicherte Richter zu, dass diese Zeit genutzt werde, verstärkt mit den Kritikern des PEPP ins Gespräch zu kommen und auch die Auswirkungen der Vergütung mittels PEPP auf den Alltag der psychotherapeutischen Versorgung in der Psychiatrie in den Blick zu nehmen. Die Aussprache machte deutlich, dass PEPP ohne die Definition verbindlicher Anforderungen an Strukturqualität (Psychotherapeutenstellen) und Prozessqualität (Leitlinienbezug) nicht zu denken sei.

In Bezug auf das Thema „Praxiswertberechnung“ betonte der BPtK-Vorstand im Vorstandsbericht, dass externe Expertise notwendig gewesen sei, um juristische und betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte zueinander zu bringen. DPT-Delegierte mahnten in Statements die Notwendigkeit einer berufspolitischen Bewertung und mit einem (angenommenen) Antrag die stärkere Einbeziehung der PsychotherapeutInnen in Ausbildung (PiA) in diese Diskussion an.

Kritisch reflektierte der DPT auch den Vertrag zwischen der BPtK und dem Verteidigungsministerium zur Kostenerstattung von Psychotherapie für SoldatInnen. In der Diskussion wurde herausgearbeitet, dass dieser Vertrag ein guter Anlass sei, überhaupt kritisch darüber zu diskutieren, dass Menschen in bestimmten Situationen und Berufen auf einen Teil ihrer Grundrechte (auch Grundrechte auf medizinische und psychotherapeutische Versorgung) verzichten müssten.

Sehr kontrovers diskutierte der DPT den von PiA eingebrachten und von der DGVT nachhaltig unterstützten Antrag, dass die von der Politik geplante Mindestlohnregelung auch für PiA in der Praktischen Tätigkeit Anwendung finden solle und der Vorstand sich dafür bei der Politik einsetzen solle. Einige Delegierte sahen in der Forderung eine Abwertung des akademischen Heilberufes, andere Delegierte betonten die Notwendigkeit, jeden möglichen Schritt einer materiellen Besserstellung der PiA während der Praktischen Tätigkeit zu gehen. Am Ende wurde der Antrag mit 52 Ja-Stimmen, 49 Nein-Stimmen und 21 Enthaltungen angenommen.

Unter dem Stichwort „Weiterentwicklung der Versorgung psychisch kranker Menschen“ diskutierte der DPT die Notwendigkeit, die psychotherapeutischen Angebote im Gesundheitswesen zu diversifizieren, sowohl in Richtung niedrigschwelliger Angebote, wie in Richtung einer Einbindung niedergelassener KollegInnen in multiprofessionelle ambulante Versorgungsnetze und einer Schaffung und Finanzierung Sektor verbindender Behandlungsformen. Diese Strategie der Ausweitung psychotherapeutischer Angebote über die Richtlinienpsychotherapie hinaus soll verhindern, dass die Politik Teilaufgaben von Psychotherapie aus der Profession auslagert, um dem nach wie vor ungedeckten Bedarf psychotherapeutischer Hilfe bei nicht vermehrbaren Kassensitzen zu genügen.

Bereits beim letzten DPT wurden viele Änderungen in der Musterberufsordnung verabschiedet, um diese an die Vorgaben des Patientenrechtegesetzes anzupassen. Offen blieb die Frage, wie Therapeuten mit Forderungen von Patienten nach Einsicht in die Patientenakte umgehen sollen. Dürfen sie eine Einsicht verweigern, wenn sie ihre eigenen Persönlichkeitsrechte berührt sehen? Oder ist dies berufsrechtlich abzulehnen, weil die Persönlichkeitsrechte des Therapeuten im Patientenrechtegesetz nicht als möglicher Grund für die Zurückhaltung einer Patientenakte genannt sind? Im Ergebnis der sehr kontroversen Diskussion war dieser Punkt zurück gestellt worden und die Antragsteller der beiden Positionen waren gebeten worden, zum DPT am 17.05.2014 einen Kompromissvorschlag vorzulegen. Die nunmehr vorgelegte Fassung der entsprechenden Passage sah vor, dass ein Psychotherapeut zwar im Einzelfall Teile der Akte schwärzen dürfe, wenn er seine Persönlichkeitsrechte dadurch beeinträchtigt sieht, dass er – auf Verlangen des Patienten – aber die ungeschwärzte Originalfassung der Akte der Kammer zur Prüfung vorlegen muss. Diese Version wurde, erneut nach einigen Abstimmungsrunden, letztlich mehrheitlich verabschiedet.

Auf dem nächsten DPT im November 2014 wird die Reform der Psychotherapeutenausbildung zentrales Thema sein. Für diesen DPT soll angestrebt werden zu entscheiden, in welche Richtung die Ausbildungsreform aus Sicht der Psychotherapeutenschaft gehen soll. Über den Sommer wird die Profession Mindestanforderungen an eine Reform des Psychotherapeutengesetzes bzw. an die bestehenden Modelle (a) der postgradualen Ausbildung (mit sog. „kleiner Lösung“ der Festlegung auf den Master-Zugang), (b) der basalen Direktausbildung und (c) der dualen Direktausbildung.

Karl-Wilhelm Höffler
DGVT-Landessprecher Hessen

 


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