Drei Entwürfe für ein Präventionsgesetz hat es in der Vergangenheit bereits gegeben, jetzt startet die große Koalition einen weiteren Anlauf. Zehn Jahre Diskussion um ein Präventionsgesetz wecken hohe Erwartungen.
Am 31.10. hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den Referentenentwurf eines "Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention" (kurz: Präventionsgesetz - PrävG) bekannt gegeben. Einiges hat sich gegenüber den letzten Entwürfen geändert, das meiste ist allerdings aus dem letzten Entwurf übernommen worden, so dass der Entwurf nach wie vor viele Schwächen hat.
Inhaltlich sollte es darum gehen, Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten (auch Settings genannt) wie Kitas, Schulen, Betriebe und Pflegeeinrichtungen zu stärken, unter Einbeziehung aller Sozialversicherungsträger sowie der privaten Krankenversicherung und der privaten Pflege-Pflichtversicherung. Hier ist der Entwurf – wie zu erwarten war – weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Pflegeversicherung wird zwar verpflichtend beteiligt mit rund 21 Millionen Euro an Präventionsmaßnahmen in der teilstationären Altenpflege. Die Zahlungen der privaten Krankenversicherung sind dagegen freiwillig. Die Arbeitslosenversicherung spielt im Gesetz nur eine untergeordnete Rolle – bei der Konzipierung ist sie nur an den Vorberatungen beteiligt, und es gibt auch keine Festlegung, dass und wieviel Geld sie für Prävention und Gesundheitsförderung zur Verfügung stellen soll.
Des Weiteren sollen auch die Leistungen der Krankenkassen zur Früherkennung von Krankheiten und das Zusammenwirken von betrieblicher Gesundheitsförderung und Maßnahmen des Arbeitsschutzes verbessert werden. Einheitliche Verfahren zur Qualitätssicherung und Evaluation von Präventionsmaßnahmen bilden einen weiteren Schwerpunkt. Handlungsfelder sowie Qualitätskriterien für Präventionsprogramme wird danach künftig der GKV-Spitzenverband festlegen. Laut Gesetzentwurf sollen dabei besonders die Schwerpunkte Diabetesrisiko, Brustkrebs, Rauchen, Gesundheitskompetenz und Depressionen berücksichtigt werden.
Ab 2016 sollen rund 510 Millionen Euro mehr für die Prävention ausgegeben werden. Finanziert werden soll ein Großteil durch die Krankenkassen, die künftig insgesamt sieben Euro pro Versicherten für Prävention zahlen sollen. Dabei sollen sie vier Euro pro Versicherten in Projekte für Prävention in Betrieben, Kitas, Schulen usw. investieren. Zwei Euro davon sind für die betriebliche Gesundheitsprävention vorgeschrieben und zwei Euro für weitere Maßnahmen in Lebenswelten. Rund drei Euro verbleiben bei den Kassen für die eigenen Präventionsprogramme. Sie können ihre bisherigen Kursangebote beibehalten, diese müssen sich allerdings künftig einer Qualitätskontrolle unterziehen. Insgesamt kommen auf die Krankenkassen Mehrkosten von jährlich rund 220 bis 240 Millionen Euro zu.
Die Ärzte sollen künftig bei der Prävention stärker eingebunden werden. Die Gesundheitsuntersuchungen, die bisher im Wesentlichen auf die Krankheitsfrüherkennung abzielten, werden erweitert. Laut dem Gesetzentwurf soll es künftig eine sog. „ärztliche präventionsorientierte Beratung“ geben. Diese ärztliche Präventionsempfehlung soll von den Krankenkassen akzeptiert werden. Geplant ist darüber hinaus das Angebot an U-Untersuchungen für Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr auszubauen. Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) soll hierfür Empfehlungen erarbeiten.
In Anbetracht der Häufigkeit der psychischen Erkrankungen sollten neben den ÄrztInnen aber auch die Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen in die präventionsorientierte Beratung mit einbezogen werden.
Die Bundeszentale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) soll die Präventionsprojekte koordinieren und auch Krankenkassen bei ihren Programmen beraten. Dafür erhält die BZgA künftig finanzielle Mittel in Höhe von 35 Millionen Euro von den Krankenkassen. Von diesem Geld soll eine nationale Präventionskonferenz eingerichtet werden, die eine nationale Präventionsstrategie entwickelt. Ziel ist es, bundeseinheitliche Rahmenvorgaben „zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität um Gesundheitsförderung und Prävention“ zu schaffen, Handlungsfelder und Zielgruppen festzulegen. Die Präventionskonferenz wird der BZgA unterstellt. Mitglieder des neuen Gremiums sind VertreterInnen von Bund, Ländern, Spitzenorganisation an der GKV, der Pflegekassen sowie der PKV. Leistungserbringer sind nicht dabei, sie „dürfen“ in einem Präventionsforum - unter der Moderation der Bundesvereinigung Prävention - beratend einbezogen werden. Das Forum soll einmal jährlich tagen.
Nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums soll das Gesetz am 17. Dezember 2014 im Bundeskabinett verabschiedet werden und nach der parlamentarischen Beratung im Jahr 2015 dann Anfang 2016 in Kraft treten.
Die DGVT hat ihre Position bereits in einer Stellungnahme, abgedruckt in VPP 4/14, S.1091f, veröffentlicht und an die Politik gesandt.
Leider haben sich die Erwartungen auf ein eigenständiges Bundesgesetz zur nicht-medizinischen Primärprävention nicht erfüllt. Ein solches Gesetz hätte Prävention und Gesundheitsförderung den gleichen Rang verliehen wie der Pflege, der Rehabilitation und der medizinischen Therapie.
Waltraud Deubert
Stellungnahme der DGVT e. V. finden Sie hier