Aus der Landeskonferenz der Richtlinienpsychotherapieverbände (LAKO) und dem Beratenden Fachausschuss Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (BFA-PT)
Auf Landesebene spiegelt sich größtenteils das Geschehen auf Bundesebene wieder, aber es gibt doch eine paar „bayerische Besonderheiten“. Das betrifft vor allem das geplante bayerische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG)[1].
Das Gesetz will eine weitere Verbesserung der Versorgung und der vorausgehenden Hilfen für Menschen mit psychischen Störungen auch mit dem Ziel eine Unterbringung im stationären Bereich möglichst zu vermeiden.
Als mögliche Maßnahmen werden dabei erwogen:
Des Weiteren sind folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Prävention von psychischen Störungen in der Diskussion:
Die Selbsthilfe soll noch weiter gestärkt werden durch:
Ein weiterer Schwerpunkt im Gesetz ist die Stärkung der PatientInnenrechte. Folgende Maßnahmen sind geplant:
Ebenso soll das Gesetz zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung patientenorientierter ausgestaltet werden:
Es bleibt abzuwarten, was am Ende des Gesetzgebungsverfahrens „rauskommt“ - eine Stärkung der Rechte psychisch kranker Menschen oder nur „Lippenbekenntnisse“.
Zum Thema freie Plätze zur Niederlassung Psychologischer und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zeigt sich einmal mehr, dass bei den jungen Kolleginnen und Kollegen die Bereitschaft gering ist in die „Provinz“ zu gehen. Auch finanzielle Anreize wirken hier nur bedingt. So bleibt die Frage: Wie kann schon während der Ausbildung die Bereitschaft „in die Provinz zu gehen“ erhöht werden?
Feedbackbogen-Diagnose, so heißt ein Projekt der KVB mit dem Ziel den Niedergelassenen die Möglichkeit zu geben zu vergleichen, wie ihre eigene Diagnosestellung im Verhältnis zum Durchschnitt der Fachgruppe liegt.
Der Hintergrund ist, dass das heutige Gesundheitswesen immer stärker von der Qualität und Quantität der dokumentierten Morbidität, also im Wesentlichen von den gestellten Diagnosen, dominiert wird.
Auch im Rahmen des „Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches“ (Morbi-RSA oder MRSA, aber nicht zu verwechseln mit den multiresistenten Keimen, welche dieselbe Abkürzung haben), spielt die Diagnostik eine entscheidende Rolle. Denn die Kassen erhalten vom Gesundheitsfonds mehr Geld für sog. MRSA-Diagnosen, die einen erhöhten Behandlungsaufwand verursachen. So berichteten immer wieder Kolleginnen und Kollegen, dass sie von GKV’en Anrufe erhielten, ob bei dem Patienten / der Patientin XY nicht doch eine schwere depressive Episode vorliegen würde statt der diagnostizierten leichten depressiven Episode.
Nicht zu vergessen ist auch, dass jede Diagnose einen Stigmatisierungsprozess in Gang bringen kann, welcher der Patientin oder dem Patienten Nachteile im sozialen Leben bringt. Darum sollten Diagnosen immer mit Bedacht gestellt und die mögliche „Nebenwirkung“ einer spezifischen Diagnose immer ins Kalkül einbezogen werden. Immer auch unter dem Gesichtspunkt, dass Diagnosen sogenannter psychischer Störungen hypothetische Konstrukte sind, die die Wirklichkeit nur rudimentär abbilden können. Darüber hinaus sind ICD-Diagnosen von ihrem Prinzip her stets defizitorientiert.
Dieses Vorgehen ignoriert die seit vielen Jahren in den Sozialwissenschaften etablierte diagnostische Vorgehensweise der sog. Differenzorientierung. Denn die Frage bleibt: Ist die Abweichung defizitär oder nur anders?
Vertreter der Landeskonferenz der Psychotherapieverbände (LAKO) trafen sich zu einem gemeinsames Gespräch mit Frau Prof. Zobel und Herrn Waser vom MDK zum Thema: MDK / Fallmanagement. Vertrauliche Befunde über PatientInnen sollen nur im verschlossenen Umschlag dem MDK versendet werden, sodass diese Befunde von den Krankenkassen nicht eingesehen werden können. Mitwirkungspflicht der PatientInnen bedeutet: Der MDK gibt nur Empfehlungen an die Krankenkasse, diese benutzen diese Empfehlungen allerdings als Druckmittel. Das wäre rechtswidrig, so die Vertreter des MDK. Sie betonten auch nochmals, dass der MDK eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts ist und kein „Anhängsel“ der Krankenkassen.
Aus der Psychotherapeutenkammer
Weiterhin viele freie Sitze für VertragspsychotherapeutInnen in Bayern: Mitte Februar hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die neuen Planungsblätter für die ambulante psychotherapeutische und ärztliche Versorgung in Bayern veröffentlicht: Insgesamt sind zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch 58,5 freie Sitze im Bereich der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung vorhanden, vgl. auch die Kammer-Homepagemeldung vom 27.2.15. Näheres über die Regionen, in denen die Sitze frei sind, kann man von den Präsensberatern der KV Bayerns erfahren.
Viel Getöse um das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz: Manchmal kommt einem der Gedanke, die Diskussion um die Vorbereitung des Gesetzes, die schon seit einigen Jahren andauert und nun in die Vorlage überarbeiteter Eckpunkte münden soll, wird vom Ministerium inszeniert, um sich nicht mit der Ausarbeitung eines konkreten Entwurfs zu beschäftigen. Erneut wurden bei der Sitzung des extra gebildeten Runden Tisches am 15.4.2015, an der sogar die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml neben ca. 40 Expert/innen teilnahm, Arbeitsgruppen gebildet. Inzwischen wurde der Arbeitsauftrag allerdings eingegrenzt. Die nächste Fassung der Eckpunkte, die in den Landtag gehen soll, soll auf solche beschränkt sein, für die das Bundesland Bayern auch tatsächlich in diesem Feld zuständig ist (weder SGB V-Änderungen/Erweiterungen, noch Veränderung von Krankenhausgesetzen oder ähnliches – vgl. die oben stehenden näheren Schilderungen der Wünsche aus der Phase des ersten Eckpunktepapiers). Nicht ausgesprochen, aber sicher ebenso wichtig wird es in der Konkretisierungsphase dann sicher sein (so muss man bei Kenntnis der bayerischen Gesundheitspolitik annehmen), dass die Vorgaben des PsychKHG vom Freistaat kostenneutral umgesetzt werden können. Wie dieser gordische Knoten gelöst werden wird, bleibt eine spannende Frage.
Beratungsangebot für Psychotherapie-Patient/innen: Die letzte Delegiertenversammlung im Herbst hat ein Konzept vereinbart und den Startschuss gegeben: Seit Mitte April können sich nun Patient/innen, die sich in einer Psychotherapie bei einem Mitglied der Kammer befinden, über Fragen zu ihrer Psychotherapie beraten lassen: niedrigschwellig, anonym, telefonisch. Näheres ist über die Homepage der Kammer zu erfahren. Dieses Angebot, welches seit vielen Jahren gefordert wurde, war unter dem Blickwinkel der Aufgaben der Kammer als öffentliche Körperschaft mit Amtsermittlungsverpflichtung nicht ganz einfach umzusetzen, ist aber letztlich gelungen. Ob es sich bewährt, muss jetzt geprüft werden.
Maßregelvollzugsgesetzentwurf: Der Entwurf hätte, wie berichtet, die Chance gehabt, Psychotherapeuten einen angemessenen Platz in der Struktur der Einrichtungen zu gewährleisten. Das war vom zuständigen Sozialministerium aber nicht gewollt. Nach intensiver Lobbyarbeit der Kammer und der in den Forensikeinrichtungen tätigen KollegInnen ist eine Art Zwischenziel erreicht: Die CSU-Fraktion (!) hat zwischenzeitlich einen Antrag zur Änderung des Gesetzentwurfes im Landtag eingebracht, der den Psychotherapeuten in besonderen Fällen auch die Leitung von Einrichtungen ermöglichen soll. Nun heißt es: Daumendrücken, dass die CSU gegenüber der Administration des Sozialministeriums die Oberhand behält.
Willi Strobl, Rudi Merod und Heiner Vogel
Kontakt: bayern@dgvt.de; bayern@dgvt-bv.de
[1] Quelle: Beschluss des Bayerischen Landtags: „Eckpunkte und Runder Tisch für ein Psychisch-Krankenhilfe-Gesetz“; LT-Drs. 17/2708
Stellungnahme zum Eckpunkteentwurf vom 26. November 2014
Anlage: Positionspapier des Bayerischen Bezirketags vom 22. Mai 2014