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Bericht der Landesgruppe Hessen (Rosa Beilage zur VPP 4/2015)


Delegiertenversammlung der hessischen Psychotherapeutenkammer am
9. und 10. Oktober 2015 in Wiesbaden

Am 9. und 10. Oktober 2015 tagte im Wiesbadener Hotel Oranien die Delegiertenversammlung der hessischen Psychotherapeutenkammer. DGVT und DGVT-BV sind in diesem Gremium über die hessische Liste VT-AS (Verhaltenstherapie - Angestellte, Selbstständige, AusbildungsteilnehmerInnen) vertreten.

Zum Thema „Finanzen“, das zunächst diskutiert wurde, hatte unsere Liste einen Antrag eingebracht, der darauf abzielte, feste Regeln zur Höhe der Kammerrücklage zu definieren. Damit verfolgten wir das Ziel, eine Maßzahl zu erhalten, die es ermöglicht, auch über Beitragssenkungen nachzudenken. In diese Maßzahl sollen unter anderem die finanziellen Verpflichtungen der Kammer, aber besonders auch die anstehenden politischen Projekte einfließen. Es kann zum Beispiel noch nicht gesagt werden, wie sich die von den Psychotherapeutenkammern betriebene Reform des Psychotherapeutengesetzes langfristig auf das Budget der Kammern auswirken wird. Unsere Liste VT-AS hat sich aber immer zu einer effizienten Kammer bekannt, die mit den Beiträgen ihrer Mitglieder sorgsam umgehen muss.

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Weiterbildung in Klinischer Neuropsychologie wurde ein vorbereitender Beschluss zur Anerkennung von Kenntnissen, die außerhalb der unmittelbaren Weiterbildung erworben werden, gefasst. Vorausgegangen waren etliche Monate mit Verhandlungen zwischen den Partnern der Vorstandskoalition. Die Liste VT-AS hat sich, ebenso wie die psychodynamischen Listen und die Integrative Liste (BVVP), kompromissbereit gezeigt, um den Kolleginnen und Kollegen, die eine Weiterbildung in Hessen auf den Weg bringen wollen, Planungssicherheit zu geben.

Eine intensive Diskussion entwickelte sich über einen Antrag, der federführend von den psychodynamischen Listen und der Integrativen Liste (BVVP) eingebracht wurde und darauf abzielte, dass künftig die Berufsordnung nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit zu ändern gewesen wäre. Gegen diesen Antrag stellten sich u. a. VT-AS, DPTV und die Liste der humanistischen Verfahren. Unser entscheidendes Argument war, dass eine Zweidrittelmehrheit immer ein konservatives Instrument zur Verhinderung von Veränderungen ist. Gerade die VerhaltenstherapeutInnen haben ein Interesse daran, dass auch Formen der Kommunikation über die digitalen Medien im Zuge einer Psychotherapie mitgenutzt werden können. Bisher wurden die Hürden, die unsere gegenwärtige Berufsordnung im Hinblick auf die Nutzung digitaler Medien aufrichtet, nicht beseitigt. Wir befürchteten, dass mit einer Zweidrittelmehrheit diese Hürden noch schwerer abzubauen wären. Nachdem in der Diskussion klar wurde, dass der Antrag die erforderliche Mehrheit nicht erreichen würde, wurde er von den AntragstellerInnen zurückgenommen (auf eine spätere Delegiertenversammlung vertagt).

Kontrovers diskutierte die Delegiertenversammlung auch zum Thema „Vertraulichkeit innerhalb der Selbsterfahrung“. Bei diesem Thema vertrat unsere Liste VT-AS kontroverse Positionen. Während Karl-Wilhelm Höffler argumentierte, dass die Selbsterfahrung innerhalb der Therapieausbildung nur dann einen Sinn mache, wenn sich die TeilnehmerInnen unter allen Umständen der Verschwiegenheit der SelbsterfahrungsleiterIn sicher sein könnten, argumentierten die Kolleginnen und Kollegen unserer Liste, die unmittelbar Ausbildungsinstitute leiten, aus einer anderen Perspektive: Es sei notwendig, dass bei besonders auffälligem Verhalten von SelbsterfahrungsteilnehmerInnen die Ausbildungsleitung informiert wird. Mit dieser als ultima ratio begriffenen Weitergabe von Informationen aus der Selbsterfahrung könne sichergestellt werden, dass keine AusbildungsteilnehmerInnen in die Versorgung gelangen würden, die dazu nicht geeignet seien. Dazu kommentierte Karl-Wilhelm Höffler, dass aus seiner Sicht von den Ausbildungsinstituten verlangt werden könne, andere Wege der Datenerhebung zu nutzen, um die Geeignetheit eines Ausbildungsteilnehmers für den Beruf zu prüfen. Bei diesem Thema erfolgte nur eine erste Lesung des vorliegenden Antrags.

Auch ein anderer Passus der Berufsordnung stand zur Diskussion: Sollte die Behandlung von Personen, die in einem Beziehungsverhältnis zu einer/m schon in Behandlung befindlichen PatientIn stehen, deutlich kritisch konnotiert werden, wie es u. a. der Ausschuss „Qualitätssicherung“ der Kammer forderte? Unsere Liste VT-AS unterstützte demgegenüber einen Antrag, der an die Eigenverantwortlichkeit der PsychotherapeutInnen appellierte: „Die Übernahme einer zeitlich parallelen oder nachfolgenden Behandlung von Eheleuten, Partnerinnen und Partnern, Familienmitgliedern oder von in engen privaten und beruflichen Beziehungen zu einer Patientin oder einem Patienten stehenden Personen ist mit besonderer Sorgfalt zu prüfen.“ In erster Lesung erhielt diese Formulierung eine deutliche Mehrheit.

Die Delegiertenversammlung verabschiedete zwei Resolutionen, eine zum Thema der Honorarverhandlungen und eine zweite zu dem Thema eines verantwortlichen Umgangs mit Migrationsbewegungen in Europa.

In einer Nachbesprechung zu Delegiertenversammlung wertete unsere Liste VT-AS die behandelten Themen kritisch. Während viel Zeit zum Thema „Berufsordnung“ und zum Thema „Satzung“ verbraucht wurde, blieben für die wirklich wichtigen gesellschaftspolitischen und gesundheitspolitischen Fragen nur wenige Minuten gegen Sitzungsende. Heike Winter und Karl-Wilhelm Höffler, die unsere Liste VT-AS im Vorstand vertreten, werden dort darauf drängen, in künftigen Tagesordnungen der Delegiertenversammlung politische Themen stärker zu gewichten und die „Nabelschau“, das heißt die wiederholte Diskussion des eigenen psychotherapeutischen Selbstverständnisses, etwas zurückzudrängen.

Karl-Wilhelm Höffler
DGVT-Landessprecher Hessen

 

Hessische psychotherapeutische Berufsverbände nehmen Stellung zum E-Health-Gesetz

Die Konferenz der hessischen psychotherapeutischen Berufsverbände hat ein Statement zum eHealth-Gesetz verabschiedet, das Karl-Wilhelm Höffler vom DGVT-Berufsverband in Hessen maßgeblich formuliert hatte. Der Beschluss wird hier dokumentiert:

Konferenz der Psychotherapeutischen Berufsverbände in Hessen

Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (BKJ)

Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik  und Psychotherapie in Deutschland e. V. (BKJPP)

Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten – Hessen (bvvp Hessen)

Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)

Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT)

Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie – Berufsverband Psychosoziale Berufe (DGVT-BV)

Deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV)

Verband Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im BDP

(VPP im BDP e.V.)

Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP)

Erklärung zum geplanten E-Health-Gesetz

Die Konferenz der hessischen psychotherapeutischen Berufsverbände tagt regelmäßig zur Diskussion von Fach- und politischen Themen der psychotherapeutischen Versorgung in   Hessen. Die Verbände vertreten sowohl ärztliche Psychotherapeuten, als auch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder-  und Jugendlichenpsychotherapeuten.

In großer Sorge um die Wahrung des Datenschutzes in der psychotherapeutischen Versorgung wendet sich die Konferenz der Psychotherapeutischen Berufsverbände in Hessen mit einem Statement zum E-Health-Gesetz an die hessischen Mitglieder des Deutschen Bundestages.

Die Rechte der Patientinnen und Patienten müssen gewahrt bleiben (Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung). Steuerungsmöglichkeiten sollen für die Patientinnen und Patienten eingerichtet und verständlich, transparent und barrierefrei gestaltet werden. Bei der Wahrung ihrer Rechte sollen die Patientinnen und Patienten ausdrücklich die Hilfe von Patientenverbänden in Anspruch nehmen können. Das Patientenrechtegesetz darf nicht durch das E-Health-Gesetz ausgehebelt werden. Die sensiblen Psychotherapiedaten bedürfen eines besonderen Schutzes: Der Zugriff ist durch PIN und Zugriffsschlüssel zu schützen, ein Auskunft-Verweigerungsrecht für Patientinnen/Patienten und PsychotherapeutInnen/Psychotherapeuten muss ausdrücklich formuliert werden. Das gilt insbesondere für die geplante virtuelle Patientenakte.

Die Qualität von Psychotherapie wird gefährdet, wenn es auch nur den Anschein hat, dass der sichere Raum in der Psychotherapie durch die Methoden der Datenspeicherung und Datenübermittlung nicht mehr geschützt wäre. Ein „gläserner Patient“ ist mit qualitativ hochwertiger Psychotherapie unvereinbar. Es bedarf zudem klarer Regelungen, wenn unrichtige oder diskriminierende Informationen niedergelegt werden. Ebenfalls ist für Datenpannen oder Datenangriffe ein Verfahren zur transparenten Information der Öffentlichkeit einzuführen.

Insbesondere die Berichte zum Antrag auf Kurzzeittherapie/Langzeittherapie an die Gutachterin/den Gutachter müssen weiterhin der besonderen Schweigepflicht unterliegen  ebenso die Berichte an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Für beides müssen spezielle EDV-Systeme („abgeschirmte Tunnel“) installiert werden.

Die mit dem E-Health-Gesetz verbundenen Kosten (wie z. B. für den Stammdatenabgleich) dürfen nicht zu Lasten der niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gehen. Haftungsfragen müssen geregelt sein. Es ist bislang nicht eindeutig geklärt, mit welchen rechtlichen Konsequenzen die an die Schweigepflicht gebundenen ärztlichen und psychotherapeutisch tätigen Berufsgruppen im Falle eines von ihnen nicht zu verantwortenden „Datenlecks“ zu rechnen haben. Auch in diesem Punkt besteht ein dringender Aufklärungs- und Rechtsicherheitsbedarf seitens der Behandlerinnen und Behandler.

Wiesbaden, den 20.10.2015

Unterzeichnende Verbände und weitere Ansprechpartner:

Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (BKJ), Landesgruppe Hessen, Günter Steigerwald

Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten –  Hessen (bvvp Hessen), Dr.med. Irina Prokofieva

Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) - Landesverband Hessen, Gabriele Peter

Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM), Landesverband Hessen, Dr. med. Ulrike Spengler

Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie – Berufsverband Psychosoziale Berufe e.V. (DGVT-BV), Karl-Wilhelm Höffler

Deutsche Psychotherapeutenvereinigung, Landesgruppe Hessen (DPtV), Else Döring

Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP), Maria Spies

 


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