(wd) Laut der Europäischen Arbeitskräfteerhebung 2014 des europäischen Statistikamtes (Eurostat) vom 16.09.2015 ist die Mehrheit der Arbeitslosen in der EU von Arbeitslosenhilfe ausgeschlossen. Demnach bekommen in der EU durchschnittlich weniger als 40 Prozent der kurzfristig Arbeitslosen Arbeitslosenhilfe. Dieser Anteil ist während der Schuldenkrise sogar weiter gesunken.
Der Anteil variiert dabei innerhalb der EU stark zwischen den Mitgliedstaaten, von 80 Prozent in Deutschland bis zu unter 15 Prozent in Rumänien, Polen und Italien. Die Gründe hierfür hängen teils mit der jeweiligen nationalen Gesetzgebung zusammen, etwa wenn der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe von der Zeit der bisherigen Beschäftigung abhängig ist. Auch werden manche Gruppen in der Erhebung, beispielsweise Selbst-ständige, nicht erfasst.
Laut der EU-Kommission lassen diese Zahlen sowohl auf individueller als auch auf makroökonomischer Ebene Bedenken aufkommen. Der Verlust des Jobs hat einen starken und unwillkürlichen Einfluss auf das Haushaltseinkommen. Im Fall, dass dieser Verlust nicht ausgeglichen werden kann, müssen Arbeitslose oftmals auf Ersparnisse oder auf das Einkommen ihrer Familienmitglieder zurückgreifen. In jedem Fall ist der Verlust des Arbeitsplatzes und des Einkommens mit starken Einschränkungen bei Konsum und Lebensstandard verbunden. Insbesondere für diejenigen, die bereits vorher mit einem knappen Budget auskommen mussten, sind die Konsequenzen meist bedrohlich, da sie nicht die privaten Mittel haben, um an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen und somit ihre Beschäftigungsfähigkeit zu steigern. Die Kommission sieht hier die Gefahr, dass diese Arbeitslosen entweder Jobs annehmen müssen, welche nicht ihrer Qualifikation entsprechen, oder wegen geringer Arbeitsnachfrage komplett vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden.
Auf makroökonomischer Ebene haben die geringe Abdeckung der Arbeitslosenhilfe und der dadurch reduzierte Konsum laut der Kommission negative Auswirkungen auf die stabilisierende Funktion der Arbeitslosenhilfe im Falle einer Rezession. Langfristig würden die fehlende Mittel für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der Arbeitslosen allgemeine Investitionen in Humankapital schwächen.
Die EU-Kommission erarbeitet derzeit ein Arbeitspapier zu dem Thema der Sozialleistungsabdeckung, welches voraus-sichtlich vor Ende des Jahres veröffentlicht wird.
Quelle: EUFIS-Newsletter vom Oktober 2015