Der Deutsche Psychotherapeutentag DPT tagte am 23. April 2016 in Berlin. Ausbildungsfragen standen im Mittelpunkt der eintägigen Veranstaltung. Die 140 Delegierten der Psychotherapeutenschaft berieten schwerpunktmäßig die Herausforderungen, die eine Reform des Psychotherapeutengesetzes mit sich bringen würde.
Dabei sind nicht nur die diskutierten Themen spannend, sondern auch schon der Prozess der Meinungsbildung, den die Psychotherapeutenschaft gewählt hat, ist interessant. Die Themen der Beratung scheinen zu oszillieren zwischen den Berufs- und Fachverbänden, den Delegiertenversammlungen und Ausschüssen der Landespsychotherapeutenkammern, einer Reihe von Experten-Arbeitsgruppen auf Bundesebene, dem Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer und dem Deutschen Psychotherapeutentag. Zugleich werden die Themen auch in anderen Berufsgruppen und deren Verbänden, etwa der Ärzteschaft, kritisch beäugt und kommentiert. Schließlich blicken alle auf das Bundesgesundheitsministerium und die Positionsbestimmungen, die von dort zu erwarten sind und später in den parlamentarischen Prozess einfließen werden. Parallel dazu werden auf Länderebene erste Kontakte, insbesondere zur Kultuspolitik, gepflegt, die auch ein Wort mitzureden hat, wenn ein neuer Psychotherapiestudiengang aus der Taufe gehoben werden soll.
Versucht man alle Teilprozesse dieser breiten Diskussion zu überschauen, so erscheint es schon als Herkulesaufgabe, wenn die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) steuernd dieses „Schiff“ lenken will.
Diesmal wurden auf dem DPT auch die offenen Finanzierungsfragen der neuen Aus- und Weiterbildung erörtert. Die BPtK hatte Experten geladen. Herr Prof. Dr. Wasem und Frau Dr. Walendzik von dem Beratungsunternehmen EsFoMed erörterten die Finanzierungsmöglichkeiten hinsichtlich der Praktischen Ausbildung. Herr Dr. Blum vom Deutschen Krankenhaus Institut legte dar, an welchen Stellschrauben gedreht werden könnte, um eine Vergütung der praktischen Ausbildungsanteile in den Kliniken zu finanzieren. Die Diskussion machte deutlich, wie breit die „Hilfestellung“ der BPtK für das BMG aufgestellt sein muss, wenn am Ende gute Ergebnisse für unsere Profession erzielt werden sollen.
Nur am Rande sei vermerkt, dass die BPtK hohe Summen in den politischen Prozess hin zur Ausbildungsreform investiert und die Umlage der Landeskammern zur Finanzierung der BPtK um 7 Euro auf 62 Euro pro approbiertem Kammermitglied und Jahr erhöht wurde. Es war nur der Zeitknappheit über den Tag geschuldet, dass die Einbeziehung der PiA-Mitgliedschaften in die Finanzierung der BPtK nicht mehr behandelt wurde.
Aber nicht nur die Zukunft der Psychotherapieausbildung wurde in Berlin diskutiert, sondern auch ganz aktuelle Fragen der Weiterqualifikation von schon approbierten Kolleginnen und Kollegen. Dabei ging es um die Frage, ob bestimmte Fortbildungscurricula zur psychotherapeutischen Behandlung bei somatischen Krankheiten (Schmerz, Diabetes, Krebs, Palliativversorgung) durch eine sog. „Zusatzbezeichnung“ gekrönt werden sollen, um den Status der Kolleginnen und Kollegen mit dieser Qualifizierung in den Kliniken und in der Niederlassung zu verbessern. Nach kurzer Diskussion und nur wenigen kritischen Anmerkungen entschied sich der DPT, die Weiterbildung für eine psychotherapeutische Behandlung bei Diabetes mellitus voranzubringen, um die Entwicklung einer entsprechenden Zusatzbezeichnung zu ermöglichen.
Andere Themen wurden bei diesem DPT aber auch noch angesprochen: Die Problematik der Praxiswertermittlung war in der Vergangenheit von der DGVT immer wieder auf die Tagesordnung des DPT gebracht worden. Immerhin konnten wir seitens des BPtK-Vorstandes die Zusicherung erhalten, dass er prinzipiell weiter hinter einem diskutierten Berechnungsansatz stehe. Eine politische Bewertung dieses Berechnungsansatzes habe aber noch nicht stattfinden können, da noch nicht alle Parameter systematisch geprüft worden seien.
Höchst akut ist gegenwärtig der Diskussionsprozess des G-BA zur Überarbeitung der Psychotherapierichtlinie im Zuge der Umsetzung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes. Die Rosa Beilage hatte wiederholt zu diesem Thema berichtet. Im Sommer sollen Beschlüsse veröffentlicht werden. Noch ist nicht klar, wie die Vergütungsregelungen nachziehen werden, wenn von niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen neue Leistungen abverlangt werden (z. B. Sprechstunde).
Ein deutliches Zeichen setzte der Präsident der BPtK, Dr. Dietrich Munz, als er die psychotherapeutische Versorgung von Geflohenen und Schutzsuchenden ansprach. Der Psychotherapeutenschaft ist es ein Anliegen, sich gegen eine Diskriminierung von Flüchtlingen in der Gesundheitsversorgung einzusetzen.
Karl-Wilhelm Höffler
DGVT-Landessprecher Hessen