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Schreiben an AOK vom 7. April 2016 und Antwort der AOK vom 20. April 2016


Bedenklicher Umgang mit arbeitsunfähigen PatientInnen hinsichtlich des Datenschutzes und in Bezug auf das Beratungsrecht nach § 44 Abs. 4 SGB V

Sehr geehrter Herr Litsch,

als größte Vertretung der Verhaltenstherapeuten in Deutschland setzt sich der DGVT-Berufsverband Psychosoziale Berufe e. V. für eine bessere psychosoziale und psychotherapeutische Versorgung ein. In dieser Funktion vertreten wir auch unsere Mitglieder gegenüber Krankenkassen.

In letzter Zeit berichten uns Mitglieder häufig, dass PatientInnen bei denen eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, Telefonanrufe von MitarbeiterInnen der AOK erhalten. Es werde Druck auf die PatientInnen ausgeübt, eine „Erklärung zur Inanspruchnahme individueller Beratung und Hilfestellung zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und Einwilligung in die damit verbundene Datenerhebung, -speicherung und -nutzung“ zu unterschreiben. Hiermit verbunden sollen auch Fragebögen ausgefüllt und offen an die AOK zurückgeschickt werden. Weigere sich der Patient bzw. die Patientin die Erklärung zu unterschreiben, werde von den AOK-MitarbeiterInnen Druck aufgebaut, einschließlich der Drohung, die Unterstützung seitens der Kasse zu entziehen.

Wir halten dieses Verhalten aus vielerlei Sicht für problematisch. Zum einen haben wir Bedenken bezüglich der Wahrung des Datenschutzes. Fragebögen, die medizinische bzw. psychotherapeutische Informationen des Patienten bzw. der Patientin enthalten dürfen nur an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung direkt und nicht offen an die jeweilige Krankenkasse versandt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Inanspruchnahme individueller Beratung durch die Krankenkasse als ein Recht des Patienten bzw. der Patientin und nicht als Pflicht in § 44 Abs. 4 SGB V ausgestaltet ist. Mitglieder berichten uns, dass durch die Anrufe bei den PatientInnen großer Druck entsteht, der zu einer Verschlechterung des Symptombilds führt und damit die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit verzögert wird.

Aus diesem Grund bitten wir Sie um eine Stellungnahme zu der hier geschilderten Problematik.

Mit freundlichen Grüßen

Judith Schild

Vorstand des DGVT-Berufsverbands
Psychosoziale Berufe e. V.

 

Beratung arbeitsunfähig erkrankter Versicherter nach § 44 Abs. 4 SGB V; hier: Ihr Schreiben vom 07.04.2016

Sehr geehrte Frau Schild,

der Vorstandsvorsitzende unseres Hauses, Herr Martin Litsch, hat mir Ihr Schreiben vom 07.04.2016 mit der Bitte um Beantwortung weitergeleitet.

Bei der AOK ist die persönliche Beratung zum Krankengeld und die Unterstützung arbeitsunfähig erkrankter Versicherter ein selbstverständlicher Teil des AOK-Serviceangebots.

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungs-gesetz haben die Versicherten ab Mitte 2015 einen ausdrücklichen Rechtsanspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch ihre Krankenkasse zu Leistungen uns unterstützenden Angeboten zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erhalten. Auf die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme dieser Unterstützungsangebote weist die AOK bereits bei der Einladung zu einem Beratungsgespräch explizit hin. Nimmt der Versicherte das Angebot zur bedarfsgerechten individuellen Hilfestellung an, unterschreibt er eine Einwilligungserklärung. Dabei erteilt der Versicherte der Krankenkasse die Genehmigung, die im Einzelfall notwendigen Informationen und Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen. Die Einwilligungserklärung nach § 44 Abs. 4 SGB V kann jederzeit wiederrufen werden. Das Verfahren zur Einwilligungserklärung des Versicherten ist datenschutzrechtlich abgestimmt.

Bei der Betreuung der arbeitsunfähig erkrankten Versicherten achtet die AOK besonders auf die Wirkung der veranlassten Aktivitäten. Dabei stehen die optimale Versorgung und nachhaltige Genesung im Mittelpunkt. In regelmäßigen Befragungen von Krankengeldbeziehern werden zudem die Qualität der Leistung und Beratung gemessen und Maßnahmen zur Verbesserung initiiert. In einer aktuellen Studie Anfang 2016 wurde insbesondere die Beratungsqualität, sowohl im telefonischen als auch im persönlichen Kontakt, auf sehr hohem Niveau positiv bewertet.

Ihre Hinweise nehmen wir gleichwohl sehr ernst. Wir sind selbstverständlich an einer Klärung der Ihnen vorliegenden Beschwerden interessiert. Dazu benötigen wir jedoch konkrete Informationen zum Sachverhalt ggf. inklusive der Fragebögen in konkretere Informationen zum Sachverhalt ggf. inklusive der Fragebögen in anonymisierter Form.

Bei Fragen oder für Abstimmungen stehen wir Ihnen gerne zu Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Müller

 

Quelle: Rosa Beilage zur VPP 2/2016


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