Im parlamentarischen Verfahren für ein Bundesteilhabegesetz wurden gegenüber dem Regierungsentwurf deutliche Verbesserungen erreicht. Das Bundesteilhabegesetz markiert den Auftakt für tiefgreifende Veränderungen und einen längst fälligen Systemwechsel.
Bis zuletzt haben sich Betroffene, Angehörige, Bezugspersonen und InteressenvertreterInnen gemeinsam für Nachbesserungen am Gesetzesentwurf eingesetzt. Allein in der Zeit von September bis November 2016 haben rund 20.000Menschen ihren Protest bei Demonstrationen und Kundgebungen auf den Straßen und Plätzen in verschiedenen Städten Deutschlands kundgetan. Unzählige Gespräche mit politisch Verantwortlichen und an die hunderttausend Postkarten an Bundessozialministerin Andrea Nahles haben zur Aufklärung beigetragen. Als einewesentliche Gesellschaftsgruppe sind Menschen mit Behinderung für ihre Rechte eingetreten, haben Politikaktiv selbst mitbestimmt und durch den Protest nicht nur ein Umdenken, sondern konkrete Veränderungenbewirkt. Die Proteste haben etwas bewegt. Sie sind ein eindrucksvolles Beispiel für Selbstbestimmung und gesellschaftlicheTeilhabe.
Gegenüber dem Regierungsentwurf wurden sogar einige Verbesserungen neu aufgenommen.
Beispielhaft werden hier einige genannt:
Ursprünglich war geplant, den Zugang zu Teilhabeleistungen erheblich einzuschränken. Dies konnte verhindert werden: Vorerst wird es keine Zugangsbeschränkungen zu den Teilhabeleistungen geben.
Die Prüfung der Anzahl der Lebensbereiche, in denen Unterstützung nötig wird, wurde auf das Jahr 2023 verschoben.
Was bleibt offen?
Wo besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf?
Das Gesetz ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem Systemwechsel. Dennoch entspricht es nicht den Leitgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention.
Der Paritätische geht deshalb davon aus, dass es in der Praxis zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen wird und mit einem Anstieg von Rechtsstreitigkeiten zu rechnen ist. Der Verband wird sich auch weiterhin für
Verbesserungen und für das Abschaffen von Regelungen einsetzen, die nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention zu vereinbaren sind.
Dazu gehören beispielsweise:
Ebenso sind Teilhabe- und Gesamtplankonferenzen, auch wenn der Wunsch des Menschen mit Behinderung besteht, nicht verpflichtend durchzuführen.
Die begrenzten Pauschalen werden sogar auf Wohngemeinschaften mit umfassendem Versorgungsbedarf ausgeweitet. Und die bisherige Sonderregelung, dass Menschen mit Behinderung in Pflegeheimen untergebracht werden können, wird zu einer regulären Bestimmung. Dies verschärft den Druck, dass Menschen mit komplexer Behinderung und hohem Pflegebedarf frühzeitig in Pflegeheime umziehen müssen.