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DGVT und DGVT-BV fordern weiterhin uneingeschränkte Vertraulichkeit für psychotherapeutische Patientengespräche

Der Bundestag hat am 27. April 2017 das umstrittene Gesetz zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes (BT-Drs. 18/11163) beschlossen. Geistliche, Abgeordnete, Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände sind von staatlichen Überwachungsmaßnahmen absolut ausgenommen. Der gleiche Schutz bleibt PsychotherapeutInnen und ÄrztInnen jedoch weiterhin versagt.


Das Bundesverfassungsgericht hat vor knapp einem Jahr das zuvor mit dem Ziel der Terrorismusbekämpfung neu gefasste Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) für teilweise verfassungswidrig erklärt. Beanstandet wurde, dass Gespräche, in denen es Einzelnen ermöglicht werden soll, ein Fehlverhalten einzugestehen oder sich auf dessen Folgen einzurichten, in die höchstpersönliche Privatsphäre fallen und damit der Staat keinen Zugriff darauf haben dürfe. Die Bundesregierung hat deshalb eine Novelle des BKAG auf den Weg gebracht, um einen umfassenderen Schutz der Vertraulichkeit der Gespräche zu gewährleisten. Dabei sind jedoch PsychotherapeutInnen und ÄrztInnen erneut nicht als geschützte Berufsgruppen aufgenommen worden.

Der Bundestag hat dieses umstrittene Gesetz nun am 27. 4. 2017 (BT-Drs. 18/11163) beschlossen, nachdem sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages am 25. 4. 2017 in einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung mit dem Gesetzentwurf befasst hatte. Geistliche, Abgeordnete, Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände (Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) sind von staatlichen Überwachungsmaßnahmen ausgenommen, während PsychotherapeutInnen und ÄrztInnen der gleiche Schutz weiterhin verwehrt ist. Offenbar sollte der Gesetzentwurf auf Druck der Innenminister der Länder unbedingt möglichst rasch verabschiedet werden. Der Vertrauensschutz für PatientInnen bleibt dabei auf der Strecke.

Die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) und der DGVT-Berufsverband Psychosoziale Berufe (DGVT-BV) sehen hier einen dringenden Nachbesserungsbedarf am Gesetz. Denn gerade bei psychischen Erkrankungen und in Krisensituationen ist es unverzichtbar, dass PatientInnen sich auf die Wahrung der Vertraulichkeit absolut verlassen können.

BKA-Gesetz bedroht Vertrauensverhältnis

Bundestag stellt psychotherapeutische Patientengespräche nicht unter den Schutz der absoluten Vertraulichkeit

Äußerst kurzfristig wurde die Neufassung des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) in der vergangenen Woche zunächst durch den Gesundheitsausschuss und zwei Tage später durchs Plenum des Deutschen Bundestages verabschiedet. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Gesetzesänderung sollte einen präziseren Schutz von Berufsgeheimnisträgern definieren. Im Ergebnis sind nun zwar Geistliche, Abgeordnete, Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände wie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und deren Gespräche mit Klienten von staatlichen Überwachungsmaßnahmen ausgenommen sind, nicht aber ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen.

Ebenso wie die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) und ihr Berufsverband psychosoziale Berufe (DGVT-BV) hatten auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und weitere Verbände frühzeitig im Gesetzgebungsprozess darauf hingewiesen, dass es gerade bei psychischen Erkrankungen und in Krisensituationen unverzichtbar sei, dass Patientinnen und Patienten sich auf die Wahrung der Vertraulichkeit absolut verlassen könnten. „Grundlage einer erfolgversprechenden Psychotherapie ist ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Psychotherapeut. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Therapieziel, wozu auch Gewaltprävention zählen kann, erreicht werden“, hieß es in einer Stellungnahme der BPtK.

Mit der nun im Schnellverfahren verabschiedeten Gesetzesnovelle ist diese Vertraulichkeit nicht garantiert. Vielmehr ist zu befürchten, dass allein schon durch die theoretische Möglichkeit staatlicher Überwachung psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. „Es ist von einer Vielzahl von Fällen auszugehen, in denen sich ein Patient aufgrund seiner psychischen Erkrankung bei der abstrakt bestehenden Möglichkeit der Überwachung entscheidet, eine dringend erforderliche Therapie nicht in Anspruch zu nehmen“, so die BPtK. Auch im Verlauf einer Psychotherapie besteht die Gefahr, dass Zweifel an der Vertraulichkeit den Verlauf beeinträchtigen können, obgleich die TherapeutInnen ihrerseits zur Verschwiegenheit gesetzlich verpflichtet sind.

Positive Effekte im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung sind durch die Möglichkeit zur Überwachung durch das BKA dagegen nicht zu erwarten. Berufsrechtliche Regelungen stellen bisher bereits sicher, dass PsychotherapeutInnen Risiken abwägen und gegebenenfalls die Polizei informieren müssen, wenn PatientInnen sich selbst oder andere gefährden. Wenn sie Kenntnis davon erhalten, dass eine schwere Straftat geplant ist, sind sie sogar zu einer entsprechenden Anzeige verpflichtet.

DGVT und DGVT-BV werden daher die neu geschaffene Gesetzeslage nicht auf sich beruhen lassen. Wir fordern eine Nachbesserung des BKA-Gesetzes in der nächsten Legislaturperiode mit dem Ziel, dass alle nach § 53 StPO zeugnisverweigerungsberechtigte Berufsgruppen auch im BKAG gleichermaßen geschützt werden.


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