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Bericht der Landesgruppe Hessen (Rosa Beilage zur VPP 2/2017)


Delegiertenversammlung der Hessischen Psychotherapeutenkammer 5. und 6. Mai 2017

Am 5. und 6. Mai tagte die Delegiertenversammlung der Hessischen Psychotherapeutenkammer erstmals mit einer „normalen“ politischen Tagesordnung ohne Vorstands- oder Ausschusswahlen.

Für die Kammermitglieder dürfte es zunächst wichtig sein, darauf hinzuweisen, dass die Finanzlage der Kammer erstmals seit 5 Jahren wieder eine Beitragssenkung möglich erscheinen lässt. Die Kammer verfügt über ausreichend Rücklagen, um auch unvorhersehbare politische Projekte schultern zu können, so dass eine Senkung des (durchschnittlichen) Beitrags von Vorstand und Finanzausschuss vorbereitet werden kann.

Im Hinblick auf die geregelte Weiterbildung (die zu Zusatzbezeichnungen führt) fällte die Delegiertenversammlung eine wichtige Entscheidung: Die Diskussion des Deutschen Psychotherapeutentages um die Weiterbildung im „Bereich Psychotherapie bei Diabetes“ aufzugreifen und zu entwickeln. Ziel ist dabei, nicht nur die Qualifikation der in diesem Arbeitsfeld langjährig arbeitenden KollegInnen besser abbilden zu können, sondern auch die Versorgung insgesamt zu verbessern und zusätzliche Arbeitsfelder für junge KollegInnen zu erschließen. In der Diskussion machte der Kammervorstand deutlich, dass man mit einem eigenen kritischen Blick diesen Bereich bearbeiten wolle, und nicht die Beschlüsse der Bundeskammer oder der Fachverbände unbesehen übernehmen wolle.

Die Fortbildungsordnung wurde so verändert, dass eine Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen mit mehr Fortbildungspunkten honoriert wird. Damit wird von der Kammer die wissenschaftliche Fundierung von Psychotherapie besser als bisher gewürdigt.

Intensiv diskutierte die Kammer zum Thema „Parallelbehandlung“ im Bereich der Erwachsenen-Psychotherapie. Für die Berufsordnung wurde jetzt eine Formulierung gefunden, die (mehr als bisher) unseren Kolleginnen und Kollegen zutraut, eine verantwortungsvolle Haltung dazu einzunehmen: „Die Übernahme einer zeitlich parallelen oder nachfolgenden Behandlung von Eheleuten, Partnerinnen und Partnern, Familienmitgliedern oder von in engen privaten und beruflichen Beziehungen zu einer Patientin oder einem Patienten stehenden Personen ist mit besonderer Sorgfalt zu prüfen.“

Für die Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen bleibt es bei der sprachlich etwas schwierigen Formulierung: „… (4) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten behandeln in der Regel weder nahestehende Verwandte noch Bezugspersonen ihres minderjährigen Patienten während der laufenden Therapie zusätzlich mit einer eigenen psychotherapeutischen Behandlung. Wird im Anschluss eine solche Maßnahme geplant, hat die Psychotherapeutin / der Psychotherapeut das Für und Wider besonders sorgsam abzuwägen. (6) Abs. 5 findet bei Familientherapie und bei Gruppentherapie keine Anwendung. …“

Die Integrative Liste (IL/BVVP) hatte einen Antrag eingebracht, die Abbildung des Listen-Proporzes der Delegiertenversammlung in den Kammerausschüssen zu regeln. Bisher erfolgte die Besetzung der Ausschüsse nach der Kammerwahl in einem transparenten Prozess politischer Diskussion zwischen den Listen. Unsere Kammerliste VT-AS lehnte dieses Ansinnen ab, weil es – um kleineren Listen gerecht zu werden – entweder zu einer kostenintensiven Vergrößerung der Ausschüsse geführt hätte oder die Diskussion um Ausschussbesetzungen in kleinere Kungelrunden verschoben hätte. Der Kammervorstand machte deutlich, dass es in dieser Wahlperiode auch keine Veranlassung zu einer kleinteiligeren Regelung der Besetzung der Ausschüsse gibt, da für alle Listen und Listenbündnisse eine ihrer Größe entsprechende Berücksichtigung bei der Ausschussbesetzung gefunden wurde.

Im Hinblick auf die PsychotherapeutInnen in Ausbildung (PiA) machte die Delegiertenkonferenz erneut deutlich, dass die PiA im zweiten Ausbildungsabschnitt gleichberechtigte Mitglieder der hessischen Kammer sind, auch wenn das in anderen Landeskammern und in der Bundespsychotherapeutenkammer anders gesehen werden sollte.

Zu aktuellen politischen Entwicklungen beschloss die Delegiertenversammlung drei Resolutionen: „Neue Psychotherapierichtlinie – Honorargerechtigkeit!“, „BKA-Gesetz“ (im Anschluss dokumentiert) und „Wissenschaftliche Grundlage unverzichtbar!“

Resolution der Kammer-Delegiertenversammlung zum „BKA-Gesetz“ (06.05.2017)

Der Bundestag hat am 27. April 2017 das umstrittene Gesetz zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes (Bundestagsdrucksache 18/11163) beschlossen. Geistliche, Abgeordnete, Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände sind von staatlichen Überwachungsmaßnahmen absolut ausgenommen. Der gleiche Schutz bleibt Psychotherapeuten und Ärzten jedoch weiterhin versagt. 

Die Delegiertenversammlung der Hessischen Psychotherapeutenkammer kann nicht nachvollziehen, weshalb zwar Gespräche mit Rechtsanwälten oder Geistlichen vor staatlichem Abhören absolut geschützt sind, nicht jedoch Gespräche mit Psychotherapeuten oder Ärzten. Alle diese Berufsgruppen sind als Zeugnisverweigerungsberechtigte nach § 53 StPO geschützt. Dieser Schutzgedanke hätte auch im Bundeskriminalamtgesetz nachvollzogen werden müssen.

Grundlage einer erfolgversprechenden Psychotherapie ist ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Psychotherapeut.

Alle Patienten brauchen die Möglichkeit, sich jederzeit und insbesondere in Krisensituationen, an einen Psychotherapeuten zu wenden. Sie müssen sich der absoluten Vertraulichkeit ihrer Gespräche sicher sein können. Das Gesetz untergräbt die therapeutisch wesentliche Zusicherung der Psychotherapeuten an ihre Patienten, nach der kein Wort aus den Gesprächen nach außen dringt. 

Karl-Wilhelm Höffler
Landessprecher Hessen


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