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BPtK-Symposium zur Internettherapie


Beim Symposium der BPtK zur Internettherapie am 27. Juni in Berlin wurde nochmals klar die Position der BPtK formuliert: Onlinetherapie-Angebote sollen Kassenleistung, d.h. Regelleistung der GKV werden. Dazu müssten diese Programme als Medizinprodukte geprüft und zertifiziert werden. Die leitende Idee dieser Forderung der BPtK ist sicherlich, dass damit Wildwuchs in diesem Bereich begegnet werden kann. Onlineangebote, die durch PsychotherapeutInnen verordnet werden, müssten zuvor nämlich geprüft und in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen worden sein. Dazu müssten diese Medizinprodukte wiederum als neue Produktgruppe in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden. Zuständig wäre der G-BA, die neuen Angebote (Apps, Programme über Plattformen im Internet) z.B. als Medizinprodukte zuzulassen und ggf. in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Aufklärung, Einwilligung in die Behandlung und Diagnosestellung müssen aus Sicht der BPtK auch weiterhin im persönlichen Kontakt zwischen Psychotherapeut und Patient stattfinden. Zukünftig könnte auch eine kombinierte Behandlung aus persönlichem Kontakt und Kontakt via Internet zum Standard werden aus Sicht der BPtK. Die Positionen sind dargelegt im pünktlich zum Symposium veröffentlichten BPtK-Standpunkt Internet in der Psychotherapie: www.bptk.de/uploads/media/BPtK-Standpunkt_-_Internet_in_der_Psychothera pie.pdf

Das Symposium war geprägt von hervorragenden Vorträgen, die kurz dargestellt werden sollen:

Frau Prof. Knaevelsrud (Berlin) fasste in ihrem Vortrag die zentralen Ergebnisse ihrer Untersuchungen zu Online-Behandlungs-angeboten zusammen. Demnach gebe es keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Beziehungsqualität im face-to-face- bzw. Online-Setting. Die Behandlungseffekte seien größer, je mehr Kontakt zum Therapeuten bestehe (wurde von Prof. Baumeister teils widerlegt – ab 200 Min. pro Woche kein größerer Effekt, s. Angebote in Kliniken). Der Dropout sei geringer, je mehr Kontakt zum Therapeuten bestanden habe. Das Abbruchverhalten sei weniger methoden- als störungsspezifisch. Interessant war eine Anmerkung von Frau Knaevelsrud in der Fragerunde dazu: Der G-BA habe kein einziges Projekt, das sich mit Internettherapie beschäftigt, für den Innovationsfonds aufgenommen. Das zeige das derzeit noch gar nicht vorhandene Interesse des G-BA an diesen Angeboten. Ihre bisherigen Forschungen fasste sie wie folgt zusammen: „Onlinetherapie ist noch eine blackbox, wenn es um Wirksamkeitswege geht“.

Herr Prof. Baumeister (Ulm) hat in seinen aktuellen Befragungen herausgearbeitet, dass sich Patienten am häufigsten eine Kombination aus Therapie („offline“) und Onlineangeboten wünschen, wenn sie wählen könnten. Es wurde einhellig betont, dass es als positiv gesehen werde, wenn nicht nur einzelne Kassen für gut befundene Programme anbieten würden (häufig erwähnt wurde der Depressions-Coach der TK: ecoach.tk.de/onlineberatung/public). Geprüfte Programme/Anwendungen (Apps) sollten allen Versicherten gleichmäßig zur Verfügung stehen. Derzeit sorgen die diversen Angebote u.a. auch für den Wettbewerb der Kassen untereinander.

Interessant für die Berufsrechtler war insbesondere der gewohnt brillante Vortrag von Herrn Prof. Stellpflug. Zur Gretchenfrage Skype vertrat er klar den Standpunkt, dass die Rechtsprechung Skype im Rahmen einer Psychotherapie nicht als ausreichend ansehen würde im Sinne der Sorgfaltsmaßstäbe, die einzuhalten sind (Facharzt-/Psycho-therapeutenstandard = Haftungsrecht). Und wichtig der Grundsatz: Am Ende richtet sich die Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, nach dem Haftungsrecht. Die Zivilgerichte entscheiden letztlich (im Fall der Fälle) über die Frage von Behandlungsfehlern entlang des Haftungsrechts, nicht in erster Linie nach dem Berufsrecht.

Dietrich Munz, BPtK-Präsident, betonte in seinem Eingangs-Referat: "Eine Integration des Internets in die Psychotherapie bietet Chancen. Programme können flexibel im Alltag genutzt werden. Gehbehinderten Patienten könnten z. B. durch Behandlungen per Video besonders beschwerliche Anfahrtswege zum Psychotherapeuten erspart werden. Es stelle sich daher die Frage, wann Internetprogramme die klassische Psychotherapie ergänzen können. Dafür müssen wirksame Internetprogramme aber zunächst zur Regelleistung für alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung gemacht werden. In unserem Gesundheitssystem müsse überlegt werden, wie Patienten die bestmögliche Behandlung ihrer psychischen Beschwerden erhalten.“

Kerstin Burgdorf

 

 

BPtK-Leitfaden für Internetprogramme im Praxisalltag
„Fragen, die Psychotherapeuten vor dem Einsatz klären sollten“

Die BPtK hat im Nachgang zu oben beschriebenem Symposium einen Leitfaden herausgegeben, der für den Einsatz von Internetprogrammen und elektronischen Kommunikationsmitteln im Praxisalltag Hilfestellung geben soll. Dieser Leitfaden soll Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei einer Entscheidung unterstützen, ob und wie sie Internetprogramme zur Prävention und Behandlung psychischer Beschwerden oder Erkrankungen nutzen können.

Der Leitfaden ist auf der Homepage der BPtK veröffentlicht: www.bptk.de aktuell/einzelseite/artikel/bptk-leitfad.html


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