Zu (1): Die Psychotherapeutenverbände erarbeiteten einen Entwurf zu gesundheitspolitischen Forderungen, die sie nach Abschluss der Regierungsbildung mit den Verantwortlichen in der neuen Regierung besprechen wollen.
Ein entsprechendes Papier, welches schon im Juni/Juli von einer GK II-Arbeitsgruppe entworfen worden war, konnte aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr vor der Wahl in Gespräche mit Bundestagskandidaten eingeführt werden. Der Text wurde noch einmal aktualisiert und soll nun als Ausgangspunkt für Politikerkontakte dienen.
Zu (2): Über das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. Juni 2005 zu § 44 SGB X hatten wir bereits in der Rosa Beilage 3/2005, S. 43f, berichtet. In der Zwischenzeit liegt die schriftliche Begründung des Urteils vor. Der Senat hob die vorinstanzlichen Entscheidungen des Sozialgerichts Reutlingen sowie des Landessozialgerichts Baden-Württemberg auf, in denen eine Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung Südwürttemberg zur Nachvergütung in der Zeit 1995 bis 1998 bejaht wurde, obwohl die betroffenen Psychotherapeuten keinen Widerspruch eingelegt hatten.
Dieses BSG-Urteil trifft vor allen Dingen diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die keinen Widerspruch eingelegt haben oder es auch in einzelnen Quartalen vergessen haben.
Die KVen können natürlich nach wie vor aufgrund selbständiger Entscheidung an alle Vertragspsychotherapeuten Nachzahlungen leisten.
Allerdings sind die Klagen nach § 44 SGB X weiter zu prüfen, bei denen eine Fehlinformation durch die KV stattgefunden hat, dass ein Widerspruch nicht notwendig sei. In der Begründung heißt es
"Das Ermessen der KÄV, ob sie inzwischen als rechtswidrig erkannte Honorarbescheide zurücknimmt und Nachvergütungen leistet, ist nur im atypischen Fall von vornherein im Sinne der Bescheidkorrektur und Nachvergütung vorgeprägt, soweit sie nämlich auf die Entscheidung ihrer Mitglieder, Rechtsmittel einzulegen, direkten oder indirekten Einfluss genommen und für ihre entsprechenden Auskünfte ggf. einzustehen hat. Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor.
Wenn die KÄV sich - wie hier - dafür entscheidet, nur solchen Leistungserbringern Nachvergütungen zu gewähren, die den Eintritt der Bestandskraft ihrer Honorarbescheide verhindert haben, geht davon unverkennbar ein Anreiz aus, in Zukunft bei jedem noch so fern liegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung Honorarbescheide vorsorglich mit dem Widerspruch anzugreifen, um sich die Chance von Nachvergütungen für den Fall offen zu halten, dass in gerichtlichen Verfahren deren Rechtswidrigkeit festgestellt werden sollte. Dies führt zu einer erheblichen Belastung der KÄV sowohl wegen des mit jedem Widerspruchsverfahren verbundenen Verwaltungsaufwands als auch hinsichtlich der Entscheidung, bei massenhaften Widersprüchen, die nicht von vornherein als erkennbar aussichtslos beurteilt werden können, Rückstellungen in beträchtlichem Umfang vorzunehmen. Dem kann eine KÄV vorbeugen, indem sie in Fällen, in denen zahlreiche Leistungserbringer Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der normativen Grundlagen der Honorarverteilung geltend machen, ausdrücklich erklärt, dass Rechtsmittel nicht erforderlich sind, weil sie dann, wenn sich die Bedenken in nachfolgenden gerichtlichen Verfahren (Musterverfahren) als berechtigt erweisen sollten, alle Leistungserbringer entsprechend den gerichtlichen Vorgaben behandeln werde. Wenn eine KÄV nicht so verfährt, verbleibt das Risiko, von einer künftigen, für den einzelnen Leistungserbringer günstigen Rechtsprechung zu profitieren, bei diesem. Er muss sich entscheiden, ob er Rechtsmittel einlegen will oder nicht. Legt er Rechtsmittel ein, hat das seit dem 2. Januar 2002 jedenfalls für ein anschließendes Klageverfahren ggf. Kostenkonsequenzen (§ 197a Abs 1 SGG). Deshalb muss auch der Vertragsarzt/Vertragspsychotherapeut Chancen und Risiken von Rechtsmitteln gegen Honorarbescheide bei vermuteten Fehlern der normativen Grundlagen der Honorarverteilung abwägen. Scheut er das Kostenrisiko, ist es nicht unbillig, ihm zu versagen, an dem prozessualen Erfolg anderer Ärzte zu partizipieren."
Zu (3): Am 20. September 2005 einigten sich die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach einer fast einjährigen Auseinandersetzung (wir berichteten in VPP 3/05, S. 594ff) auf eine neue Verfahrensordnung. Die Verfahrensordnung regelt vor allem methodische Anforderungen an die wissenschaftliche Bewertung des Nutzens, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von medizinischen/psychotherapeutischen Innovationen. Auf ihrer Grundlage wird entschieden, welche Leistungen die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bezahlen muss und welche nicht. Im März d. J. gingen die Auseinandersetzungen hauptsächlich um die Frage, sollen der ambulante und stationäre Bereich bei Entscheidungen über medizinische Erneuerungen gleich behandelt werden oder nicht. Im stationären Bereich gilt für den Einsatz von psychotherapeutischen Methoden das Prinzip "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt", d. h. es können Neuerungen so lange eingesetzt werden, bis der Nachweis erbracht wurde, dass diese nicht sinnvoll sind. Der Ausschuss votierte gegen den Widerstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft dafür, diese Regelung nach dem Vorbild der ambulanten Versorgung umzukehren. Im stationären Bereich sollten neue Diagnose- und Therapiemethoden nur noch im Rahmen von Studien angewendet werden können. Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung war dies eine Frage der Gleichbehandlung von stationärem und ambulantem Bereich.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt rügte die Entscheidung des G-BA, gesetzlich krankenversicherten Patienten medizinische Innovationen im Krankenhaus nur noch eingeschränkt zugänglich zu machen. In einem Kompromissvorschlag, den die Beteiligten in Abstimmung mit den Ministerien erarbeiteten und den der Ausschuss nun einstimmig verabschiedete, wurde die ursprüngliche Formulierung § 21 der neuen Verfahrensordnung dann abgeschwächt. Demnach kann der G-BA bei Methoden, für die noch keine ausreichende Evidenz vorliegt seine Beschlussfassung unter der Maßgabe aussetzen, dass der Nachweis des Nutzens innerhalb einer festgelegten Frist "mittels klinischer Studien geführt werden kann." Das bedeutet, dass die Krankenhäuser auch zukünftig neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden innerhalb dieser Frist weiterhin anwenden können. Das bedeutet aber auch, dass die angestrebte Gleichbehandlung von ambulant und stationär nicht umgesetzt wurde.
Auch die Mehrheit der Verbände des Gesprächskreises II der Psychotherapeutenverbände hat in einem Schreiben an den gemeinsamen Bundesausschuss, das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung und die Bundespsychotherapeutenkammer um Überprüfung der Verfahrensordnung im Hinblick auf zu prüfende Psychotherapieverfahren gebeten.
Ministerin Schmidt hat dann ebenfalls beanstandet, dass im § 20 der Verfahrensordnung Innovationen in der Regel nur auf der Grundlage der höchsten Evidenzstufe 1 zugelassen werden sollten. Dies war auch eine Forderung der Mehrheit der GK II-Verbände. Nun heißt es in der Verfahrensordnung: Zur Bewertung des Nutzens von Methoden sollten, "soweit möglich, Unterlagen der Evidenzstufe 1 mit patientenbezogenen Endpunkten herangezogen werden. Bei seltenen Erkrankungen, bei Methoden ohne vorhandene Alternativen oder aus anderen Gründen kann es unmöglich oder unangemessen sein, Studien dieser Evidenzstufe durchzuführen oder zu fordern."
Zu (4): Die GK II-Verbände waren sich einig, dass die erste Tagung zum Thema "Psychotherapie-Richtlinien" eine sehr gute Auftaktveranstaltung war (siehe hierzu den Bericht in Rosa Beilage 3/05, S. 11ff), bei der allerdings die Diskussion untereinander zu kurz kam. Es wurde deshalb beschlossen, eine Fortsetzungstagung zu planen. Über den weiteren Verlauf werden wir an dieser Stelle unterrichten.
Zu (5): Seit gut 10 Jahren gibt es die Klassifikation therapeutischer Leistungen in der Rehabilitation (KTL). Sie ist für die (ca. 1 000) Reha-Kliniken in Deutschland ungefähr das, was der EBM für die Niedergelassenen darstellt - eine Systematik der wesentlichen Behandlungsleistungen. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Vergütung der Reha-Behandlung (noch) nicht aufgrund der EBM-verschlüsselten Leistungen erfolgt und die Verschlüsselung i. d. R. auch nicht verbindlich, sondern nur empfohlen wird. Eine Neufassung der KTL wird derzeit im Auftrag der BfA (seit 01.10.2005 Deutscher Rentenversicherung Bund) durch das Institut ISEG, Hannover (Ltg. Prof. F. W. Schwartz) erarbeitet. Die Neufassung berücksichtigt nun die Veränderungen durch das Psychotherapeutengesetz und nimmt eine Neuordnung des Bereichs Gesundheitsbildung/Patientenschulung vor. In der letzten Stufe der Entwicklung werden derzeit Kliniken, Fachleute und Verbände um Stellungnahme zur vorläufigen Endfassung gebeten.
Der GK II beauftragte Heiner Vogel und Hans-Werner Stecker (VPP/BDP) eine zusammenfassende Bewertung vorzunehmen und den Verbänden zur Verfügung zu stellen.
Zu (6): Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) verschicken seit einiger Zeit Fragebögen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) zur Erhebung der jährlichen Praxiskosten auch an viele Psychotherapeuten. Bei der allerersten Erhebung (siehe hierzu VPP 4/04, S. 879ff) hatte sich das ZI in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) entschlossen, einen besonderen Fragebogen an die Psychotherapeuten über die bvvp-Landesverbände zu versenden und zusätzlich eine Erläuterung des bvvp beilegen zu lassen, da die Beantwortung einiger Fragen Probleme bei der korrekten Beantwortung und Interpretation aufwarf (und weiter aufwirft).
Auch jetzt führt das ZI eine Erhebung der Praxiskosten des Jahres 2004 durch. Es wird aber diesmal ein einheitlicher Fragebogen ohne besondere Erläuterung an eine ausgewählte Stichprobe der Psychotherapeuten und aller anderen Arztgruppen verschickt.
Dieses Datenmaterial wird von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mit herangezogen werden bei zukünftig anstehenden honorarpolitischen Überlegungen und Entscheidungen, z.B. zum Mindestpunktwert für psychotherapeutische Leistungen oder auch zur Überprüfung der Bewertungen im neuen EBM 2000plus. Daher sind die Verbände im Gesprächskreis II zu der Ansicht gekommen, dass es außerordentlich wichtig ist, dass das ZI korrekte Daten über die Praxen von Psychotherapeuten erhält, und haben beschlossen, auch diesmal diejenigen unter unseren Kolleg(inn)en, die jetzt von ihrer KV angeschrieben worden sind, auf wichtige Aspekte noch einmal besonders hinzuweisen. Den Text hierzu hat dankenswerter Weise Herr Roland Deister, 1. stellvertr. Vorsitzender des bvvp, erstellt.
Falls Sie einen Fragebogen bekommen haben, lesen Sie bitte ausführlich die beigefügten Hinweise oder rufen Sie in der Geschäftsstelle unter 07071-9434-13 an.