Interkulturelle Kompetenzen in der Psychotherapie - Leitlinien, evaluiertes Training und Fortbildungsangebote
Leitlinien
Angesichts einer zahlenmäßig wachsenden und kulturell und sprachlich vielfältigen Klientel wird deutlich, dass inter-/transkulturelle Kompetenz zunehmend zu einer Basisanforderung für PsychotherapeutInnen wird. Diese Thematik sollte daher in Aus-, Fort- und Weiterbildung stärker berücksichtigt werden. Hierzu ist es notwendig, theoretisch gut fundierte und evaluierte inter-/transkulturelle Trainings zu entwickeln. Entsprechende Fortbildungen können für PsychotherapeutInnen und PsychotherapeutInnen in Ausbildung eine entscheidende Hilfe dabei sein, sich der facettenreichen Thematik der Inter- oder Transkulturalität zu öffnen und sich mit den Anforderungen der PatientInnen mit Migrationshintergrund auseinanderzusetzen.
Um über die Qualität eines Trainings ein Urteil fällen zu können, sind empirisch gesicherte Leitlinien unabdingbar. Sie sind auch für die langfristige Sicherung der inhaltlichen Qualität entsprechender Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen von Bedeutung. Während in Ländern wie den USA oder Kanada bereits Leitlinien für inter-/transkulturelle Kompetenztrainings existieren, ist ein solches Instrumentarium im deutschen Sprachraum bislang nicht vorhanden gewesen.
Im Rahmen eines Projekts des Europäischen Integrationsfonds wurden daher Leitlinien für inter-/transkulturelle Kompetenztrainings in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von PsychotherapeutInnen entwickelt.
Das Projekt wurde durchgeführt von der Arbeitsgruppe Transkulturelle Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Entwicklung und Verabschiedung der Leitlinien erfolgte im Konsens mit einer Vielzahl von WissenschaftlerInnen, VertreterInnen von Fachverbänden (u.a. der DGVT), praktisch tätigen PsychotherapeutInnen sowie PatientInnen mit Migrationshintergrund.
Die Leitlinien verstehen sich als Baustein im Prozess der interkulturellen Öffnung im psychosozialen Gesundheitswesen in Deutschland. Sie sollen helfen, die Qualität der inter-/transkulturellen Kompetenz von PsychotherapeutInnen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung zu verfestigen. Darüber hinaus bilden sie eine wichtige Orientierungshilfe für Fachverbände, DozentInnen, WissenschaftlerInnen, PraktikerInnen und Bildungsanbieter.
Die Leitlinien sind frei verfügbar unter www.kultursensible-psychotherapie.de
Evaluiertes Training
Im Rahmen des vom Europäischen Integrationsfonds geförderten Folgeprojekts wurde ein Interkulturelles Kompetenztraining speziell für die Zielgruppe der PsychotherapeutInnen und PsychotherapeutInnen in Ausbildung entwickelt, durchgeführt und evaluiert (www.kultursensible-psychotherapie.de).
Die zweitägige Fortbildung mit einem Umfang von insgesamt 18 Unterrichtseinheiten wurde an zwei Gruppen von approbierten PsychotherapeutInnen und zwei Gruppen von PsychotherapeutInnen in Ausbildung in Hamburg und in Berlin durchgeführt. Zur Entwicklung der Maßnahme wurden verschiedene Quellen genutzt. Als Orientierungsrahmen dienten die im Vorgängerprojekt entwickelten Leitlinien. Neben einer umfangreichen Literatur- und Manualrecherche dienten unterschiedliche wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien, Best-practice-Beispiele, Diskussionen mit Experten sowie die Erfahrungen eines Probetrainings dazu, ein praxisnahes, kohärentes und didaktisch abwechslungsreiches Training zu entwickeln.
Inhaltliche Themenblöcke des Trainings sind: Kulturverständnis, Migration, Fremdheitserfahrung in Alltag und Praxis, Arbeit mit DolmetscherInnen und kultursensible Diagnostik. Die quantitativen und qualitativen Evaluationsergebnisse waren im Allgemeinen zufriedenstellend und boten hilfreiche Rückmeldungen für Verbesserungen.
Angebotene Fortbildungen
Auf der Basis dieser Erfahrungen bietet das UKE im kommenden Jahr eine zweieinhalbtägige Fortbildung zum Thema „Interkulturelle Kompetenzen in der Psychotherapie“ an. In den ersten beiden Fortbildungstagen geht es neben der Vermittlung relevanter Wissensinhalte insbesondere um Selbsterfahrung und Selbstreflektion interkultureller Begegnungen insbesondere im Kontext der psychotherapeutischen Behandlung. Inhaltlich stehen die migrationsspezifischen Belastungen und Ressourcen, Fremdheitserfahrungen im beruflichen Kontext, kultursensible Diagnostik und die Arbeit mit DolmetscherInnen im Vordergrund. Der optionale dritte halbe Tag dient der Reflektion der gewonnen Erfahrungen und der Vertiefung der klinischen Fallarbeit.
Die Fortbildung wird von der Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung in Zusammenarbeit mit der Flüchtlingsambulanz für Kinder und Jugendliche durchgeführt.
Es werden zwei Terminblöcke angeboten:
Gruppe A: 17. / 18.1. (9.00 – 18.00 Uhr) und 21.2. von 14.00 – 18.00 Uhr
Gruppe B: 14. / 15.2. (9.00 – 18.00 Uhr) und 21.3. von 14.00 – 18.00 Uhr
Nähere Informationen zur Fortbildung erhalten Sie über agpm@uke.de.
Mike Mösko
Leiter der Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
DGVT-Landessprecher Hamburg
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Interkulturelle Aspekte in der psychosozialen Versorgung waren auch ein Schwerpunkt Thema in der VPP. Sie finden weitere Artikel zu diesem Thema in der Ausgabe 1/2013.
Einen regen Austausch zum Thema Migration gibt es auf der DGVT-Mailingliste Migration. Bei Interesse an der Teilnahme können Sie sich bei der Geschäftsstelle anmelden.
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Quelle: Rosa Beilag 3/2014, S. 14f.